2004. évi 2. szám - Jura - Pécsi Tudományegyetem
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Heinrich Scholler: Der gleiche Zugang zu den Gerichten<br />
II. Besondere Verfassungs -<br />
vorschriften, die den gleichen<br />
Zugang zu den Gerichten<br />
garantieren<br />
1. Durch das Jedermannsrecht gegenüber der<br />
öffentlichen Gewalt<br />
Im deutschen Verfassungsrecht ist jedermann, also<br />
jeder Staatsbürger und jeder Ausländer und somit<br />
auch der Staatenlose, gegenüber der öffentlichen<br />
Gewalt geschützt. Ihm ist der Zugang zu den Gerichten<br />
garantiert und zwar in der Regel zu den<br />
Verwaltungsgerichten und zum Verfassungsgericht.<br />
Zum Verfassungsgericht ist nach Art. 93 Abs. 1, 4 a<br />
GG die Verfassungsbeschwerde eingeräumt, die sich<br />
gegen Gesetze, aber auch Verordnungen, Satzungen<br />
und Verwaltungsakte richten kann. Sie setzt natürlich<br />
voraus, dass der Beschwerdeführer in Rechten<br />
oder rechtlichen Interessen betroffen ist, sie ist aber<br />
grundsätzlich gebührenfrei. Nur im Falle eines<br />
Missbrauches dieses Rechtsbehelfes kann vom Verfassungsgericht<br />
eine Missbrauchsgebühr festgesetzt<br />
werden. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde in der<br />
Regel erst zulässig, wenn die übrigen Rechtsbehelfe<br />
vor den ordentlichen Gerichten oder den Verwaltungsgerichten<br />
erfolglos durchlaufen sind, doch<br />
kann in besonderen Fällen der betroffene Jedermann<br />
sich auch unmittelbar an das Bundesverfassungsgericht<br />
wenden. Er muss den Rechtsweg nicht erfolglos<br />
durchlaufen, wenn es sich um eine Grundsatzfrage<br />
handelt oder wenn ihm Gefahr droht.<br />
<strong>2.</strong> Die Garantie des effektiven Rechts -<br />
schutzes<br />
Der erwähnte Art. 19 Abs. 4 GG garantiert aber auch<br />
den Rechtsweg gegen die öffentliche Gewalt (vor<br />
allem Verwaltungsakte und sonstige Maßnahmen<br />
der Verwaltung) vor den Verwaltungsgerichten. Hier<br />
besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang, so dass<br />
auch keine Anwaltsgebühren entstehen. Auch sind<br />
die Gerichtsgebühren vor den Verwaltungsgerichten<br />
wesentlich niedriger. Armenrecht oder Gerichtskostenhilfe<br />
kann aber auch hier gewährt werden.<br />
Allerdings muss hier noch erwähnt werden, dass<br />
vor dem Berufungsgericht, den Oberverwaltungsgerichten<br />
und vor dem Bundesverwaltungsgericht<br />
Anwaltszwang besteht.<br />
III. Das europäische Recht<br />
garantiert einen fairen Prozess<br />
117<br />
Der Kreis der Staaten, die von diesem Recht auf<br />
den fairen Prozess erfasst werden, geht über die<br />
25 Mitgliedstaaten der EU hinaus und ergreift die<br />
41 Staaten, die der europäischen Menschenrechtskonvention<br />
beigetreten sind. Nicht nur das nationale<br />
Recht, sondern Völkerrecht und Europarecht<br />
bestimmen zunehmend die Stellung des Einzelnen<br />
gegenüber der Staatsgewalt. Es hat sich eine europäische<br />
Teilverfassung auf dem Gebiet der Grundrechtsgewährleistung<br />
herausgebildet, wenn auch die<br />
Gesamtverfassung noch nicht abgeschlossen ist. Das<br />
Recht auf fairen Prozess gehört zur gemeineuropäischen<br />
Verfassung und bildet ein Kernelement des<br />
europäischen Verständnisses von Rechtsstaatlichkeit.<br />
Es gibt hierfür drei Rechtsgrundlagen. Einmal die europäische<br />
Menschenrechtskonvention, zum anderen<br />
das gemeinsame europäische gewohn heitsrechtliche<br />
Grundrechtsverständnis und schließlich die europäische<br />
Grundrechtecharta.<br />
IV. Art. 6 der Europäischen<br />
Menschen rechtskonvention<br />
1. Es liegt ein völkerrechtlicher Vertrag aufgrund der<br />
allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor, der<br />
seit 1953 in Kraft getreten ist. Hier sind elementare<br />
Menschenrechte, Tötungsverbot, Folterverbot und<br />
Garantie liberaler Rechte wie Meinungs- und Pressefreiheit<br />
garantiert. Daneben bestehen aber auch<br />
verfahrensrechtliche Grundrechtsgarantien, die ein<br />
gemeinschaftliches System in den Mitgliedsstaaten<br />
herbeiführen sollen.<br />
<strong>2.</strong> Art. 6 EMRK beschränkt den Anspruch auf ein<br />
faires Verfahren, also den Zugang zu den Gerichten,<br />
nach der Rechtsprechung nicht auf das strafrechtliche<br />
Verfahren. Darüber hinaus gewährleistet er<br />
auch den Anspruch auf die sog. Prozesskostenhilfe<br />
worunter man heute den Anspruch versteht, der<br />
früher die Bezeichnung Armenrecht vor Gericht<br />
getragen hat. Daneben garantiert ausdrücklich Art.<br />
47 der Grundrechtecharta, dass jedes Verfahren vor<br />
einem unabhängigen und unparteiischen Gericht<br />
verhandelt wird, das zuvor durch Gesetz bestimmt<br />
wurde. Dazu kommt noch, dass dieser Art. 47 das<br />
öffentliche Verfahren innerhalb angemessener Frist<br />
einem jeden garantiert. Die Grundrechtscharta hat<br />
aber zur Zeit noch keine unmittelbare Wirkung innerhalb<br />
der Organe der EU, allenfalls ist es ein Ausdruck<br />
für die Selbstbindung dieser Einrichtungen.<br />
Mittelbar allerdings kann die Bestimmung dennoch<br />
in der Rechtsprechung des EuGH Bedeutung haben,<br />
als sie als Ausdruck einer allg. Rechtsauffassung<br />
JURA 2004/<strong>2.</strong>