Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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Der offene Angriff auf das revolutionäre Berl<strong>in</strong> begann mit den sogenannten<br />
Weihnachtskämpfen, dem Bombardement der kaiserlichen Artillerie auf Schloss<br />
und Marstall, Symbole des Königs- und Kaiserreichs, die von der Volksmar<strong>in</strong>edivision<br />
allerd<strong>in</strong>gs ohne jeden Beschuss besetzt worden waren. Das Ergebnis war<br />
eher dürftig für die Angreifer, führte schließlich zum Austritt der rechten USPD-<br />
Vertreter aus der Regierung, die nun mit Noske, dem mit OHL und Freikorps zum<br />
brutalen Vorgehen entschlossenen „Bluthund“, e<strong>in</strong>e „re<strong>in</strong>e“ SPD-Zusammensetzung<br />
erhielt und die alle<strong>in</strong>ige Verantwortung für das weitere Geschehen übernahm.<br />
40<br />
<strong>Die</strong> Gründung der KPD am Jahresende <strong>1918</strong> im Preußischen Abgeordnetenhaus<br />
unterstrich erneut die zentrale Rolle Berl<strong>in</strong>s bei der Herausbildung und<br />
schließlichen Formierung e<strong>in</strong>er alternativen L<strong>in</strong>kspartei. Sie war sicher e<strong>in</strong> wichtiges<br />
Ergebnis der Revolution, jedoch nicht das wichtigste und historisch bedeutsamste,<br />
wie <strong>in</strong> DDR-Publikationen immer wieder zu lesen war. 41 Bekanntlich gab<br />
es Widersprüche zwischen der M<strong>in</strong>derheit um Rosa Luxemburg, die am 23.12. <strong>in</strong><br />
der „Roten Fahne“, nach dem Rätekongress, auf e<strong>in</strong>en Kompromiss, nämlich die<br />
Beteiligung an den Wahlen zur Nationalversammlung und das gleichzeitige Festhalten<br />
am Rätesystem orientierte, und der unrealistisch, z. T. anarchistisch votierenden<br />
Mehrheit, die an der Illusion von der unmittelbaren Errichtung der Rätemacht,<br />
der Diktatur des Proletariats, festhielt. Es ist hier nicht der Platz, die<br />
theoretischen und parteipolitischen Diskrepanzen <strong>in</strong> der jungen Partei zu erörtern,<br />
auch nicht über die Feststellung <strong>in</strong> der „Chronik zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“,<br />
die Kämpfe <strong>in</strong> der Revolution hätten bewiesen, dass es <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> unmöglich war, „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sprung zur Diktatur des Proletariats“ zu<br />
gelangen. 42 Konnte das überhaupt das aktuelle Ziel se<strong>in</strong>? E<strong>in</strong>e Diskussion wäre<br />
nötig über „Rätemacht und Diktatur des Proletariats“, die noch 1974 im „Wörterbuch<br />
der Geschichte“ als „die bis dah<strong>in</strong> umfassendste Demokratie“ bezeichnet<br />
wurde. 43 Wichtig <strong>in</strong> unserem Zusammenhang ist, dass es nicht gelang, mit dem<br />
fortgeschrittenen Teil der Berl<strong>in</strong>er Arbeiterschaft, vertreten durch die Revolutionären<br />
Obleute, zu e<strong>in</strong>em wie auch immer gearteten Zusammenschluss zu kommen<br />
und damit größeren E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> Richtung auf e<strong>in</strong>e Rätedemokratie zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
<strong>Die</strong> umstrittene Erklärung des „Revolutions-Ausschusses“ vom 6. Januar<br />
<strong>1919</strong> über die Absetzung der Regierung Ebert war dafür ungeeignet. Andererseits<br />
hatten die nachfolgenden Kämpfe, fälschlich als Spartakusaufstand bezeichnet,<br />
die Massen der Berl<strong>in</strong>er Arbeiter, ihre Obleute, den Berl<strong>in</strong>er USPD-Vorstand und<br />
die KPD <strong>in</strong> der Abwehr des weißen Terrors, der <strong>in</strong> der Ermordung Rosa Luxemburgs<br />
und Karl Liebnechts kulm<strong>in</strong>ierte, zusammengeführt.<br />
40 Siehe Wolfram Wette: Gustav Noske. E<strong>in</strong>e politische Biographie, Düsseldorf 1987.<br />
41 Siehe z.B. Lothar Berthold/Helmut Neef: Militarismus und Opportunismus gegen die <strong>Novemberrevolution</strong>,<br />
Berl<strong>in</strong> 1978, S. 109: <strong>Die</strong> Gründung der KPD „wurde zum wichtigsten Ereignis der <strong>Novemberrevolution</strong>“.<br />
42 Chronik zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, T. II, Berl<strong>in</strong> 1966, S. 53.<br />
43 Wörterbuch der Geschichte, Berl<strong>in</strong> 1974, S. 237, 238.<br />
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