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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Ausschusses, Vertreter <strong>in</strong> den Leipziger Arbeiter- und Soldatenrat entsenden zu<br />

können, wurde von diesem am 25. November abgelehnt. 29 Sicherlich fürchtete der<br />

Arbeiter- und Soldatenrat zu Recht e<strong>in</strong>e weitere Aushöhlung und Unterwanderung<br />

dieses Stützpfeilers der noch jungen Ordnung, der den Trägern der Revolution<br />

vorbehalten bleiben sollte. Auch war den USPD-Mitgliedern die politische Konfrontation<br />

der Vorkriegszeit und das Verhalten des Leipziger Bürgertums <strong>in</strong> der<br />

Wahlrechtsfrage noch <strong>in</strong> allzu frischer Er<strong>in</strong>nerung.<br />

Es gehört zu den Besonderheiten Leipzigs, dass die sich neu formierenden bürgerlichen<br />

Kräfte besonders starke Positionen an der Universität hatten. Es ist bereits<br />

auf die Professoren Goetz und Brandenburg verwiesen worden, die sich <strong>in</strong><br />

der Revolutionszeit allerd<strong>in</strong>gs weniger um die Vorgänge an der Alma mater kümmerten<br />

als vielmehr parteipolitisch für die Stadt und den Freistaat Sachsen wirkten,<br />

wobei Ernst Brandenburgs Parte<strong>in</strong>ahme für die DDP etwas überraschte, war<br />

er doch zuvor Mitglied der Vaterlandspartei gewesen. Beide haben augensche<strong>in</strong>lich<br />

der Universitätsleitung e<strong>in</strong> eher flexibles Verhalten gegenüber dem ungeliebten<br />

Arbeiter- und Soldatenrat angeraten, was der Universität jedoch nicht immer<br />

gelang und von vielen Hochschulangehörigen, besonders von Studierenden, die<br />

Soldaten bzw. auch Offiziere gewesen waren, abgelehnt wurde. H<strong>in</strong>zu kam e<strong>in</strong>e<br />

etwas überforderte und widersprüchlich agierende Universitätsleitung, die im Prorektor<br />

Professor Kittel ihren eigentlich führenden Kopf hatte. Kittel hatte am 18.<br />

November <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Aufzeichnungen notiert: „Ich kann mir denken, dass e<strong>in</strong>es Tages<br />

Ebert e<strong>in</strong>em General Befehl geben könnte, mit 100.000 Mann nach Sachsen<br />

zu marschieren und Ordnung zu schaffen.“ 30<br />

In Sachsen verstärkten sich schnell die Differenzen im Lager der beiden Regierungsparteien.<br />

<strong>Die</strong> „Freie Presse“, Zeitung der <strong>in</strong> Leipzig marg<strong>in</strong>alen MSPD,<br />

startete am 3. Dezember <strong>1918</strong> e<strong>in</strong>e Kampagne, die sich entschieden gegen den<br />

Fortbestand der Arbeiter- und Soldatenräte richtete. <strong>Die</strong>se wurden als Hemmnis<br />

für die neue Regierung und H<strong>in</strong>dernis für die gewünschte Parlamentarisierung des<br />

Reiches bezeichnet. Dem Blatt der MSPD assistierten die bürgerlichen Zeitungen,<br />

die immer öfter darauf h<strong>in</strong>wiesen, dass die Alliierten die Arbeiter- und Soldatenräte<br />

nicht anerkannten und e<strong>in</strong> Fortbestehen dieser Organe die Normalisierung der<br />

Beziehungen zum Ausland erschweren würde. All dies war wohl als Reaktion auf<br />

e<strong>in</strong>e scharfe Erklärung des Leipziger Arbeiter- und Soldatenrats zu werten, der<br />

sich vehement gegen die „Parlamentsspielerei“ im Dresdner zentralen Landesrat<br />

gewandt hatte und offenbar immer weiter nach l<strong>in</strong>ks driftete. Das zeigte sich bei-<br />

auch Michael Schäfer: Bürgertum <strong>in</strong> der Krise, Gött<strong>in</strong>gen 2003, S. 225-237. Zu den Bürgerräten im Reich generell<br />

Hans-Joachim Bieber: Bürgertum <strong>in</strong> der Revolution. Bürgerräte und Bürgerstreiks <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />

Hamburg 1992.<br />

29 Siehe Puchta, Der Arbeiter- und Soldatenrat, S. 368.<br />

30 Rudolf Kittel: <strong>Die</strong> Universität Leipzig im Jahr der Revolution. Rektoratser<strong>in</strong>nerungen, Leipzig/Stuttgart 1930,<br />

S. 12. Zur Universität <strong>in</strong> der Revolutionszeit siehe Udo Baumann: Zur politischen Geschichte der Universität<br />

Leipzig während der <strong>Novemberrevolution</strong> <strong>1918</strong>, <strong>in</strong>: WZUL VII (1957/58), Heft 5, S. 519-537. <strong>Die</strong> Darstellung<br />

ist zwar streng parteilich gehalten, aber quellennah und zuverlässig.<br />

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