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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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M<strong>in</strong>ute auf e<strong>in</strong>e Verhaftung gefasst machen. […] Zuweilen war Leo Jogiches Verfasser,<br />

Herausgeber und Bote <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Person. Nach se<strong>in</strong>er Verhaftung im Frühjahr<br />

<strong>1918</strong> übernahm wiederum ich die Zusammenstellung, Herausgabe und Verbreitung<br />

[…]. <strong>Die</strong> Verbreitung geschah durch Hunderte von Freiwilligen, die mit beispiellosem<br />

Opfermut und freudiger H<strong>in</strong>gabe die Briefe <strong>in</strong> Tausenden von Exemplaren<br />

<strong>in</strong> die Betriebe, <strong>in</strong> die Arbeiterorganisationen und sogar <strong>in</strong> die<br />

Schützengräben brachten. Besonders viel leisteten dabei die Jugendlichen und die<br />

Frauen. Es wurde so kräftig zugepackt, dass die von uns vorgesehenen Auflagen<br />

häufig nicht ausreichten […]. Auf Herstellung und Verbreitung standen hohe Strafen.<br />

Zuletzt verhängten die Gerichte Zuchthausstrafen.“ 57<br />

Bis es Meyer gelang, e<strong>in</strong>e neue illegale Struktur zu schaffen, konnten e<strong>in</strong>e Zeit<br />

lang kaum Flugblätter und Zeitungen herausgebracht werden, was die illegale Arbeit<br />

schwer hemmte. 58 So konnte Meyer erst im Juni <strong>1918</strong> nach viermonatiger Unterbrechung<br />

wieder e<strong>in</strong>en Spartakusbrief <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Auflage von ca. 6.000 Exemplaren<br />

herausbr<strong>in</strong>gen, 59 und erst ab Juli <strong>1918</strong> verbreitete die Gruppe wieder<br />

regelmäßig Flugblätter. 60 Trotz aller Rückschläge und der Illegalität war die Flugblattagitation<br />

der Spartakusgruppe „die bei weitem umfangreichste der L<strong>in</strong>ken“. 61<br />

<strong>Die</strong> Aushebung e<strong>in</strong>er Berl<strong>in</strong>er Spartakus-Druckerei im Juni <strong>1918</strong>, die Zerschlagung<br />

der Struktur für den Spartakusflugschriftenversand am 15. August <strong>1918</strong> und<br />

e<strong>in</strong>e damit e<strong>in</strong>hergehende weitere Verhaftungswelle trafen die Gruppe erneut<br />

hart. 62 Zudem sah sie sich auch <strong>in</strong>nerhalb der radikalen L<strong>in</strong>ken zunehmend isoliert:<br />

<strong>Die</strong> Revolutionären Obleute, die wichtigste radikale Struktur <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er<br />

Industriearbeiterschaft, brachen im Sommer <strong>1918</strong> alle Kontakte zur Gruppe ab, da<br />

sie aufgrund der permanenten polizeilichen Überwachung ihrer Aktivisten und des<br />

E<strong>in</strong>satzes von Spitzeln <strong>in</strong> der Spartakusgruppe e<strong>in</strong>e Gefahr für ihre Organisation<br />

witterten. 63 Auch auf diese Art führte die polizeiliche Repression zu e<strong>in</strong>er massiven<br />

E<strong>in</strong>schränkung der politischen Handlungsmöglichkeiten der Spartakisten.<br />

Am 5. September <strong>1918</strong> schickte Meyer e<strong>in</strong>en Brief an Len<strong>in</strong>, um ihm nach dem<br />

Attentat (am 30.8.<strong>1918</strong>) baldige Genesung zu wünschen. Aus diesem Brief geht<br />

e<strong>in</strong> weiteres Mal die schwierige Situation der Gruppe im Sommer <strong>1918</strong> hervor,<br />

57 Ernst Meyer: Spartakus, <strong>in</strong>: <strong>Die</strong> Revolution, Nr.2, August 1924. Siehe auch Ernst Meyer: Rosa Luxemburg<br />

und die Bolschewiki, <strong>in</strong>: <strong>Die</strong> Rote Fahne, 15.1.22, Beilage: „Genoss<strong>in</strong> Luxemburg sandte aus ihrer Schutzhaft<br />

regelmäßig Beiträge für die Zeitschrift „Spartakus“, deren Inhalt anfänglich von mir, seit me<strong>in</strong>er Verhaftung<br />

vom Genossen Leo Jogiches und nach se<strong>in</strong>er Verhaftung im Frühjahr <strong>1918</strong> wiederum von mir zusammengestellt<br />

wurde.“<br />

58 Siehe Wohlgemuth: KPD, S. 204 und 207.<br />

59 Ab August erschienen die Spartakusbriefe bis zum Ausbruch der <strong>Novemberrevolution</strong> wieder monatlich, siehe<br />

Meyer: Spartakusbriefe. Zur Auflage siehe Luban, Luxemburg, S. 19.<br />

60 Siehe Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hrsg. vom IML, Reihe II,<br />

Bd. 2 (November 1917-Dezember <strong>1918</strong>), Berl<strong>in</strong> (Ost) 1957 [künftig zit. als DuM II/2], Dok. 66, 67, 68, 72,<br />

74, 79.<br />

61 Ottokar Luban: Rosa Luxemburg, Spartakus und die Massen. Vier Beispiele zur Taktik der Spartakusgruppe<br />

bzw. des Spartakusbundes, <strong>in</strong>: Supplement der Zeitschrift Sozialismus 1997, H. 5, S. 11–27, hier S. 17.<br />

62 Siehe Luban, Ermittlungen, S. 328.<br />

63 Siehe Hoffrogge, Müller, S. 56; sowie dessen Beitrag im vorliegenden Band; Luban, Massenstreiks, S. 24.<br />

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