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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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musste, dass die Streitkräfte beim E<strong>in</strong>satz nach <strong>in</strong>nen kaum noch den Offizieren<br />

folgen würden. In der DDR musste die Führung damit rechnen, ke<strong>in</strong>e sowjetische<br />

Unterstützung zu erhalten. Für beide spontanen Massenerhebungen war die<br />

zunächst ger<strong>in</strong>ge B<strong>in</strong>dung an Parteien und dafür das Suchen und F<strong>in</strong>den von den<br />

Parteien unabhängiger Organisationsformen charakteristisch, wobei im November<br />

<strong>1918</strong> mit der Rätebewegung im Januar des Jahres <strong>1918</strong> allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Vorlauf geschaffen<br />

worden war.<br />

Vergleichbar für beide Revolutionen (wenn wir die Massenbewegung von 1989<br />

wenigstens bis zum Jahresende als revolutionär anerkennen) ist auch der Umschwung<br />

oder vielleicht genauer: die Peripetie (der Ausdruck „Wende“ würde <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang falsche Vorstellungen wecken) <strong>in</strong> der Zielsetzung der Aktionen:<br />

<strong>1918</strong> mit dem Reichsräte-Kongress im Dezember, 1989 <strong>in</strong> der Zeit von<br />

Anfang bis Mitte Dezember. Mit der erfolgreichen E<strong>in</strong>flussnahme von Parteien,<br />

<strong>in</strong> ersterem Falle durch die Mehrheits-Sozialdemokraten, im zweiten durch westdeutsche<br />

Parteien und die Regierung Kohl, verloren die spontanen Bewegungen<br />

ihren revolutionären Impetus. Sie erhielten e<strong>in</strong>e Zielsetzung, die Bewährtes versprach<br />

und die von der Mehrheit angenommen wurde.<br />

Gerade was das zuletzt Erörterte betrifft, müsste jetzt e<strong>in</strong>e ausführliche, differenzierende<br />

Betrachtung der Zielsetzung <strong>in</strong> beiden Erhebungen kommen, um die<br />

verbreiteten Enttäuschungen danach <strong>in</strong> Beziehung zue<strong>in</strong>ander zu setzen. E<strong>in</strong>e solche<br />

Analyse ist im Rahmen dieses Beitrags nicht zu leisten. Denn <strong>in</strong> der Revolution<br />

von <strong>1918</strong>/19 hatten zum<strong>in</strong>dest die drei aus der Sozialdemokratie heraus entstandenen<br />

Parteien sehr unterschiedliche Ziele, über die zudem die Historiker<br />

unterschiedlichen politischen Standortes kontrovers diskutierten. Was die Ziele<br />

der nichtproletarischen Bevölkerungsgruppen und deren Interessenvertretungen<br />

betrifft, weist die Forschung noch beträchtliche Lücken auf. Es sei nur angemerkt,<br />

dass e<strong>in</strong>e quantifizierende, mit statistischen Methoden arbeitende Forschung – anders<br />

als <strong>in</strong> den Forschungen zur Wählerbewegung <strong>in</strong> der Weimarer Republik – <strong>in</strong><br />

der Revolutionsforschung noch nicht versucht worden ist. E<strong>in</strong>e solche Forschung<br />

hätte auch große Schwierigkeiten zu überw<strong>in</strong>den gehabt, weil über die Ziele, die<br />

die Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt mit der Revolution verbanden, nur wenig statistisches<br />

Material zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong> würde. Trotzdem bleibt der Vorwurf e<strong>in</strong>er Unterlassung,<br />

weil zum Beispiel die militärgeschichtliche Forschung mit der E<strong>in</strong>beziehung e<strong>in</strong>es<br />

kulturgeschichtlichen Ansatzes durch die Sichtung von Feldpostbriefen im Ersten<br />

Weltkrieg neue Erkenntnisse gewonnen hat, die auch für die Sicht auf die Vorstellungen<br />

von e<strong>in</strong>em <strong>Deutschland</strong> nach dem Krieg von Bedeutung se<strong>in</strong> müssten. 4<br />

Es kann aus den genannten Gründen hier nur sehr summarisch festgehalten<br />

werden, dass die Haupttendenz <strong>in</strong> der Forschung seit längerem dar<strong>in</strong> besteht, die<br />

Ziele der Mehrheitssozialdemokratie als die am meisten dem Mehrheitswillen der<br />

Bevölkerung entsprechenden und den realen Verhältnissen gerecht werdenden an-<br />

4 Siehe u. a. Gerhard Engel: Rote <strong>in</strong> Feldgrau. Kriegs- und Felspostbriefe junger l<strong>in</strong>kssozialdemokratischer Soldaten<br />

des Ersten Weltkrieges, Berl<strong>in</strong> 2008.<br />

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