Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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E<strong>in</strong>en Tag später, am 20. März – e<strong>in</strong>e Woche nach dem Putsch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> – beherrschten<br />
die Arbeiter das ganze Ruhrgebiet. <strong>Die</strong>se Tatsache förderte jetzt die<br />
Annäherung zwischen der <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> regierenden SPD und dem gerade noch<br />
putschfreudigen Militär, da die <strong>in</strong>zwischen wieder e<strong>in</strong>gesetzte Regierung diesen<br />
Umstand auf ke<strong>in</strong>en Fall h<strong>in</strong>nehmen wollte. <strong>Die</strong> Herrschaft der Roten Ruhr Armee<br />
im Ruhrgebiet stellte – re<strong>in</strong> rechtlich gesehen – e<strong>in</strong>en Aufstand gegen die legitime<br />
Staatsgewalt dar, die es zu beseitigen galt. 100<br />
Nach Verhandlungen am 19./20. März mit der Reichsregierung wurden die gewerkschaftlichen<br />
Forderungen des Neun-Punkte-Plans angenommen, was e<strong>in</strong>en<br />
Abbruch des Generalstreiks zur Folge gehabt hätte. Gegen e<strong>in</strong>en Abbruch des Generalstreiks<br />
war jedoch die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> am Tag des Putsches gebildete Zentralstreikleitung<br />
von Groß-Berl<strong>in</strong> (Zusammenschluss von USPD und KPD). Sie beschloss<br />
die Weiterführung des Generalstreiks und verkündete diese Entscheidung <strong>in</strong> 22 öffentlichen<br />
Versammlungen. 101 Auf e<strong>in</strong>er Versammlung <strong>in</strong> Hagen verhandelten 145<br />
Delegierte über den Fortgang der Aktionen. Sie forderten e<strong>in</strong> Ende der Truppenbewegung<br />
der Reichswehr, um die Arbeiter zu schützen. Währenddessen wurden<br />
<strong>in</strong> Marl bereits Verteidigungsstellungen gegen die Reichswehr angelegt.<br />
Am 22. März blieben die Arbeiter noch immer der Arbeit fern. 102 Der ADGB,<br />
der AfA, die Berl<strong>in</strong>er Gewerkschaftskommission, die SPD und die USPD bemühten<br />
sich um die Beendigung des Generalstreiks am 23. März, falls die Regierung<br />
auf weitere Forderungen e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>ge. General von Watter forderte währenddessen<br />
weitere Truppen zur Verstärkung gegen die Rote Ruhr Armee an.<br />
In Bielefeld begannen am 23. März Verhandlungen zwischen Vertretern der Regierung,<br />
der SPD, USPD und KPD unter der Leitung des Reichskommissars Sever<strong>in</strong>g<br />
über das Abrüsten der Roten Ruhr Armee und die kontrollierte Waffenabgabe.<br />
Daraus g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>en Tag später das „Bielefelder Abkommen“ hervor, das im<br />
Wesentlichen die Punkte wiederholte, worauf sich vor vier Tagen bereits die Gewerkschaften<br />
und die Mehrheitssozialdemokraten gee<strong>in</strong>igt hatten. 103 Beschlossen<br />
wurden darüber h<strong>in</strong>aus der Abbruch des Generalstreiks, die Waffenabgabe, die<br />
Bildung und Zusammensetzung von Ortswehren, die Aufhebung des Ausnahmezustandes,<br />
das Verbot des E<strong>in</strong>rückens der Reichswehr <strong>in</strong>s Ruhrgebiet, die Freilassung<br />
der Gefangenen bis zum 27. März, die Regelungen zur Versorgung der H<strong>in</strong>terbliebenen<br />
und Verletzten sowie die Straffreiheit für die Kämpfer der Roten<br />
Ruhr Armee. 104 Sollten diese Vere<strong>in</strong>barungen e<strong>in</strong>gehalten werden, würde die<br />
Reichswehr nicht <strong>in</strong>s rhe<strong>in</strong>isch-westfälische Industriegebiet e<strong>in</strong>rücken. 105 <strong>Die</strong><br />
USPD und die Hagener Zentrale standen h<strong>in</strong>ter den Bielefelder Vere<strong>in</strong>barungen,<br />
100 Siehe W<strong>in</strong>kler, Revolution, S. 325.<br />
101 Siehe Lucas, Märzrevolution 1920, Bd. 2, S. 124.<br />
102 Siehe ebenda, S. 127.<br />
103 Siehe W<strong>in</strong>kler, Revolution, S. 328.<br />
104 Siehe Vere<strong>in</strong>barungen über den Abbruch der Kämpfe im Ruhrgebiet, beschlossen am 24. März 1920 <strong>in</strong><br />
Bielefeld (Bielefelder Abkommen), <strong>in</strong>: Arbeitere<strong>in</strong>heit, S. 131-134.<br />
105 Siehe W<strong>in</strong>kler, Revolution, S. 328-330.<br />
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