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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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die geeigneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung“ zu ergreifen.<br />

42 Doch <strong>in</strong> den folgenden Tagen befanden sich über 180.000 Bergleute im<br />

Ausstand – alle<strong>in</strong> die große Masse war Symptom für das hohe Ausmaß der Entfremdung<br />

zwischen Verbandsführung und der Mitgliedschaft zu diesem Zeitpunkt.<br />

43<br />

<strong>Die</strong> nach dem Novemberumsturz <strong>in</strong> fast allen Städten des Ruhrgebiets gebildeten<br />

Arbeiter-Sicherheitswehren lieferten sich blutige Kämpfe mit dem Freikorps<br />

Lichtschlag, das am 14./15. Februar <strong>in</strong> Hervest-Dorsten e<strong>in</strong>marschiert war. 44 <strong>Die</strong><br />

militärischen Überreaktionen der Freikorps unter dem sozialdemokratischen<br />

Reichswehrm<strong>in</strong>ister Gustav Noske verursachten e<strong>in</strong>e zunehmende Militanz und<br />

wechselseitigen Hass. <strong>Die</strong> Unruhen wurden schließlich mit brutaler Gewalt von<br />

Freikorps und regulären Truppen am 23./24. Februar niedergeschlagen. 45<br />

Aber schon kurze Zeit später, Ende März, löste das Aufe<strong>in</strong>andertreffen von Arbeitern<br />

und Polizei am 24. und 25. März <strong>in</strong> Witten neue Proteste aus, die vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund der Streikbewegungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Sachsen und Thür<strong>in</strong>gen und der nur<br />

schleppend vorankommenden Sozialisierungsdebatte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en zweiten Generalstreik<br />

mündeten. <strong>Die</strong>ser wurde von e<strong>in</strong>er von USPD und KPD dom<strong>in</strong>ierten<br />

Schachtdelegiertenkonferenz am 30. März ausgerufen. An die Streikerklärung<br />

knüpften die Delegierten die Forderung nach E<strong>in</strong>führung der Sechsstundenschicht<br />

und 25-prozentiger Lohnerhöhung, auch forderten sie den Austritt aus den Gewerkschaften<br />

und die Gründung e<strong>in</strong>er „Allgeme<strong>in</strong>en Bergarbeiterunion“, die der<br />

Räteidee verpflichtet se<strong>in</strong> sollte. <strong>Die</strong> Sechsstundenschicht war für die Bergleute<br />

<strong>in</strong>sofern bedeutsam, als sie dadurch Benachteiligungen gegenüber anderen Branchen,<br />

etwa der Stahl<strong>in</strong>dustrie, ausgleichen wollten. Hatten sie doch <strong>in</strong> ungleich<br />

ger<strong>in</strong>gerem Maße von dem Achtstundentag profitiert, der im St<strong>in</strong>nes-Legien-Abkommen<br />

vom 15. November <strong>1918</strong> vere<strong>in</strong>bart wurde und ihnen nur e<strong>in</strong>e Arbeitszeitverkürzung<br />

von e<strong>in</strong>er halben Stunde e<strong>in</strong>brachte. 46<br />

Trotz des von der Regierung verhängten Ausnahmezustands beteiligten sich<br />

seit dem 4. April 345.000, später über 400.000 Bergleute an dem Ausstand, der<br />

somit weit über die l<strong>in</strong>ksradikale Strömung <strong>in</strong> der Arbeiterschaft ausgriff und auch<br />

Anhänger der gemäßigten Arbeiterorganisationen erfasste. 47 <strong>Die</strong> Streiks waren ungleich<br />

heftiger als die vorangegangenen Protestaktionen und setzten die Reichsregierung<br />

unter Philipp Scheidemann (SPD) unter Handlungsdruck. Da aus ihrer<br />

Sicht die Industrieregion <strong>in</strong> Chaos und Gewalt unterzugehen und der Republik der<br />

wirtschaftliche Ru<strong>in</strong> drohte, griff die Regierung zu e<strong>in</strong>em Bündel differenzierter<br />

42 Bergarbeiter-Zeitung Nr. 9 vom 1.3.<strong>1919</strong>, S. 1.<br />

43 Siehe Mommsen, Berarbeiterbewegung, S. 293.<br />

44 Siehe Bogdal, Rote Fahnen, S. 62-93.<br />

45 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XX; Rürup, E<strong>in</strong>leitung, S. 27f.; Bogdal, Rote Fahnen, S. 108-110; W<strong>in</strong>kler,<br />

Revolution, S. 169f.<br />

46 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XXXV.<br />

47 <strong>Die</strong> erste Angabe ist der Streikerklärung der Essener Neunerkommission vom 4.4.<strong>1919</strong> entnommen, <strong>in</strong>: Bogdal,<br />

Rote Fahnen, S. 99. <strong>Die</strong> zweite Angabe nach Mommsen, Bergarbeiterbewegung, S. 294.<br />

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