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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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ürgerliche Partei geworden mit e<strong>in</strong>em für bürgerliche Begriffe immerh<strong>in</strong> ausgedehnten<br />

sozialen Reformprogramm. Aber die Partei des Umsturzes ist sie gewesen...“<br />

19<br />

Schärfste Kritik übte Knief auch an der USPD. <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zige oppositionelle<br />

Gruppe im Reichstag habe sich erst von den Mehrheitssozialisten zw<strong>in</strong>gen lassen,<br />

viel zu spät e<strong>in</strong>e eigene Partei zu bilden, die aber nie ihr Ja zur Vaterlandsverteidigung<br />

im imperialistischen Krieg aufgegeben und parlamentarische, legale<br />

Kampfmittel stets höher geschätzt habe als außerparlamentarische Massenaktionen.<br />

Wörtlich: „Haben die Sozialdemokraten die Kriegspolitik grundsätzlich mitgemacht,<br />

so haben die Unabhängigen diese Kriegspolitik nicht grundsätzlich<br />

bekämpft.“ 20 In der Revolution sei sie nun gar e<strong>in</strong> Bündnis mit der MSPD e<strong>in</strong>gegangen<br />

und diese wiederum mit den alten Gewalten: „<strong>Die</strong> neue Republik reichte<br />

von Solf und Scheüch über Ebert und David bis zu Haase und Ledebour.“ 21<br />

So konnten die alten Mächte rasch erkennen, dass längst „nicht alle Säulen ihrer<br />

Herrschaft zerborsten“ waren, und stellten sich, vom Saulus zum Paulus gewandelt,<br />

der angeblich sozialistischen Regierung zur Verfügung. Knief rechnete<br />

vor, dass viele Forderungen des Erfurter Programms von der Volksbewaffnung<br />

über die Trennung von Staat und Kirche, die Brechung des Bildungsprivilegs bis<br />

zum Achtstundenarbeitstag nicht oder verzerrt verwirklicht würden bzw. nicht<br />

dauerhaft gesichert seien. Er folgerte: „Der Reformteil des Erfurter Programms<br />

lässt sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en wesentlichsten Bestandteilen auf dem Boden der bürgerlichen<br />

Gesellschaft nicht verwirklichen.“ 22<br />

Freilich, e<strong>in</strong>e der Forderungen des Erfurter Programms wolle die MSPD geme<strong>in</strong>sam<br />

mit den bürgerlichen Parteien und der Generalität sofort erfüllen, aber<br />

zugleich gegen die Revolution kehren: die E<strong>in</strong>führung des allgeme<strong>in</strong>en, gleichen,<br />

direkten und geheimen Wahlrechts. Auf se<strong>in</strong>er Grundlage werde bei Fortbestand<br />

der alten Machtverhältnisse e<strong>in</strong>e Nationalversammlung entstehen, die nur e<strong>in</strong>e<br />

bürgerlich-sozialdemokratische Mehrheit haben könne, also lediglich Interessen<br />

an der Beendigung revolutionärer Veränderungen vertreten werde. Das eigentliche<br />

Novum der Revolution, die Räte als proletarische Machtorgane, würden negiert<br />

und bekämpft.<br />

Deshalb hielt es Knief für nötig, den Gedanken der Nationalversammlung zu<br />

bekämpfen und e<strong>in</strong>e Rätemacht zu schaffen, die dem Ziel der proletarischen, sozialistischen<br />

Revolution verpflichtet blieb. Aber die bestehenden Räte, ursprünglich<br />

als Klassenorgane des Proletariats gedacht, entsprächen <strong>in</strong> ihrer Zusammensetzung<br />

aus Sozialdemokraten, Unabhängigen und Kommunisten nicht dieser<br />

Aufgabe. Aus vielen Räten seien „Organe der Bourgeoisherrschaft“ geworden.<br />

<strong>Die</strong>s gelte zwar am meisten für die Soldatenräte, aber ähnlich stehe es auch um<br />

die Arbeiterräte. Knief führte die Inhomogenität der Räte und damit ihre weitge-<br />

20 Ebenda, S. 12.<br />

21 Ebenda, S. 16.<br />

22 Ebenda, S. 21.<br />

206

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