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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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hende Untauglichkeit für die Führung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sozialistische Revolution auf das bereits<br />

im Kriege sichtbare Phänomen zurück, dass die Arbeiterklasse ke<strong>in</strong>e homogene<br />

Masse mit völlig e<strong>in</strong>heitlichen Interessen sei. Gerade dafür sei die Spaltung<br />

der Arbeiterbewegung der Beweis gewesen. Kniefs Schlussfolgerung: „<strong>Die</strong> Arbeiterklasse...<br />

ist als Ganzes nicht aktionsfähig.... Aber auch e<strong>in</strong> Arbeiterrat, der aus<br />

dieser bunten Gefolgschaft hervorgegangen ist, ist nicht aktionsfähig.“ 23 Der<br />

Reichsrätekongress <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> habe dies ebenso bewiesen wie der Alttag der örtlichen<br />

Räte. Folglich müssten aus den Räten alle nicht für die sozialistische Revolution<br />

e<strong>in</strong>stehenden Mitglieder entfernt werden, nur die klassenbewusstesten Teile<br />

der Arbeiterschaft seien zu bewaffnen, damit der politisch fortgeschrittenste Teil<br />

der Klasse <strong>in</strong> sich steigernden Massenaktionen die auf der Tagesordnung stehende,<br />

aber bisher ausgebliebene sozialistische Revolution <strong>in</strong> Angriff nehmen könne.<br />

<strong>Die</strong>se Position bedeutete letztlich die E<strong>in</strong>engung der Massenbasis der revolutionären<br />

Arbeiterbewegung, den Verzicht auf die Gew<strong>in</strong>nung jener Mehrheit, die<br />

– wenn auch zunehmend kritisch – nach wie vor den alten sozialdemokratischen<br />

Führern Gehör schenkte. Der freilich nicht mit den Maßstäben des bürgerlichen<br />

Parlamentarismus zu messende, aber dem Begriff Diktatur des Proletariats <strong>in</strong>newohnende<br />

Demokratiebegriff (Herrschaft der bisher unterdrückten Volksmehrheit<br />

über die unterdrückende M<strong>in</strong>derheit) wurde auf diese Weise negiert.<br />

Knief hielt <strong>in</strong>folge der Differenzierung der Arbeiterklasse und ihrer parteipolitischen<br />

Spaltung die Machteroberung und Machtausübung durch e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheit<br />

der Klasse für möglich, ja erforderlich. Hier<strong>in</strong> zeigt sich am deutlichsten die<br />

Schwierigkeit des äußersten l<strong>in</strong>ken Flügels der Revolution, das Verhältnis von Demokratie<br />

und Sozialismus zu def<strong>in</strong>ieren, Demokratie nicht nur unter dem empirischen<br />

Gesichtsw<strong>in</strong>kel negativer Erfahrungen der deutschen Arbeiterbewegung mit<br />

dem Parlamentarismus zu erörtern und Vorstellungen von sozialistischer Demokratie<br />

nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausschließlichen Diskont<strong>in</strong>uität zur geschichtlichen Entwicklung<br />

menschlicher Rechte und Freiheiten zu begründen.<br />

Dennoch möchte ich im Anschluss an Manfred Weißbecker betonen, dass die<br />

Ablehnung e<strong>in</strong>es sich demokratisch gerierenden Parlamentarismus, der die L<strong>in</strong>ke<br />

ja ausdrücklich bekämpfte und ausgrenzte, nicht pauschal mit Antidemokratismus<br />

oder Antiparlamentarismus gleichgesetzt werden darf. <strong>Die</strong> revolutionäre Arbeiterbewegung<br />

hatte auch <strong>in</strong> der deutschen Revolution e<strong>in</strong>en demokratischen Charakter.<br />

Maßstab dafür ist nicht, wie oft oder abstrakt das Wort Demokratie gebraucht<br />

wurde. In der Revolution waren alle Aktionen gegen den Krieg und die Monarchie,<br />

für soziale und politische Rechte des arbeitenden Volkes an sich demokratisch.<br />

„Maßstäbe dafür“, schrieb Weißbecker, „boten dafür die Interessen der Arbeiterklasse<br />

und der Volksmassen, deren Vertretung und Realisierung unter den<br />

damaligen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>er Interessenvertretung ihrer Gegner diametral entgegenstand.“<br />

24<br />

23 Ebenda, S. 25.<br />

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