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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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spielhaft <strong>in</strong> dem Agieren Curt Geyers, der am 10. Dezember an der Spitze demonstrierender<br />

Soldaten und Matrosen e<strong>in</strong>e Versammlung der Demokraten gesprengt<br />

hatte, worauf es zu handgreiflichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit den Anwesenden<br />

gekommen war. In derselben Nacht war das Verlagsgebäude der „Neuesten<br />

Nachrichten“ demoliert worden. 31<br />

Am 8. Dezember hatte der Leipziger Arbeiter- und Soldatenrat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erklärung<br />

verlangt, erst nach der „wirtschaftlichen Gleichstellung der Volksgenossen“ könnten<br />

Wahlen zur Nationalversammlung erfolgen, was nichts anderes bedeutete, als dass<br />

die Sozialisierung Vorrang haben sollte. E<strong>in</strong>e Konferenz von Räten der Kreishauptmannschaft<br />

Leipzig sanktionierte diese Erklärung mit überwältigender Mehrheit<br />

von 83 gegen 3 Stimmen. 32 Dagegen wandten sich sowohl die sächsischen MSPD-<br />

Volksbeauftragten als auch die von der Mehrheitspartei dom<strong>in</strong>ierten Räte <strong>in</strong> Dresden<br />

und Chemnitz ganz entschieden. In Erklärungen verlangten letztere am 10. und<br />

15. Dezember die schnellstmögliche Wahl e<strong>in</strong>er Nationalversammlung. Der Chemnitzer<br />

Rat forderte vom sächsischen Landesrat am 15. Dezember schnellstmögliche<br />

Wahlen zu e<strong>in</strong>er „Nationalversammlung der Republik Sachsen“ und den Rücktritt<br />

der jetzigen Regierung, da sie „<strong>in</strong> ihr Amt nicht durch e<strong>in</strong>e Vertrauenserklärung des<br />

sächsischen Proletariats ... gelangte.“ 33 Über die Ause<strong>in</strong>andersetzungen im Dresdener<br />

Rat bezüglich des Antrages auf baldige Wahlen wurde vom „Leipziger Tageblatt“<br />

berichtet: „Da die Unabhängigen dem Antrag widerstrebten und ihr Redner<br />

Schultze den Antrag als Bankrott der Revolution bezeichnete, kam es zu sehr lebhaften<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen. Unter den Gründen für den Antrag wurde unter anderem<br />

von M<strong>in</strong>ister Dr. Gradnauer scharf hervorgehoben, dass e<strong>in</strong>e Nationalversammlung<br />

für Sachsen besonders deswegen notwendig sei, weil [...] <strong>in</strong>sbesondere<br />

der Arbeiter- und Soldatenrat für Leipzig e<strong>in</strong>e geradezu lebensgefährliche Sonderpolitik<br />

treibe. Im übrigen wurde erklärt, dass dem Bürgertum die Mitarbeit an dem<br />

Wiederaufbau nicht vorenthalten werden könne und dass auch <strong>in</strong> dem Gesamtm<strong>in</strong>isterium<br />

... Platz für das Bürgertum se<strong>in</strong> müsse.“ 34<br />

<strong>Die</strong> Term<strong>in</strong>ierung der Wahlen zur Nationalversammlung stellte e<strong>in</strong>en Scheidepunkt<br />

im weiteren Geschehen dar. <strong>Die</strong> Stellung der Leipziger USPD wurde noch<br />

mehr geschwächt durch den Beschluss der Generalversammlung der Partei am<br />

15. Dezember <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, welche sich e<strong>in</strong>e Resolution Hilferd<strong>in</strong>gs zu eigen machte,<br />

die für die Wahlen zur Nationalversammlung und für den Verbleib im Rat der<br />

Volksbeauftragten votierte. Schon zehn Tage zuvor hatte der führende Theoretiker<br />

des gemäßigten Parteiflügels Karl Kautsky <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er „Freiheit“ geschrieben,<br />

dass nicht Nationalversammlung oder Räte die Losung se<strong>in</strong> müsse,<br />

sondern Nationalversammlung und Räte. <strong>Die</strong>s entsprach sichtlich nicht der radi-<br />

31 Siehe StadtAL, Kapitelakten 72, Nr. 75, Bd. 1, Bl. 2.<br />

32 Siehe Leipzig <strong>in</strong> den Tagen der <strong>Novemberrevolution</strong>. E<strong>in</strong>e Chronik, hrsg. von e<strong>in</strong>em Kollektiv unter Leitung<br />

von Bernd Rüdiger, <strong>in</strong>: Jahrbuch der Geschichte der Stadt Leipzig, 1978, S. 79-121, hier: S. 96.<br />

33 HStAD, Akten der Staatskanzlei, Nr. 141, Bl.7f.<br />

34 Leipziger Tageblatt, 11.12.<strong>1918</strong>.<br />

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