Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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MSPD. Vorsitzender wurde das USPD-Mitglied und Mitglied des Spartakusbundes<br />
Friedrich Schnellbacher. Als Organ der Revolution verfolgte der AuSR von<br />
Anfang an das Ziel e<strong>in</strong>er sozialistischen Umgestaltung. Dabei fand der Rat <strong>in</strong> der<br />
Hanauer Arbeiterschaft breite Unterstützung.<br />
Der AuSR griff mit mehreren Verordnungen <strong>in</strong> die Verfügungsgewalt der Unternehmer<br />
e<strong>in</strong>, so bei Entlassungen, bei der Wiedere<strong>in</strong>stellung von Kriegsteilnehmern<br />
und selbst bei Entlohnungsfragen. Zur Absicherung se<strong>in</strong>er Tätigkeit im<br />
Stadt- und Landkreis bestellte der AuSR den Stadtverordneten der USPD Georg<br />
Wagner zum provisorischen Polizeidirektor und Landrat. Dem amtierenden Landrat<br />
Carl Christian Schmid wurde Mitarbeit angeboten. Er war noch am 4. November,<br />
d. h. vor der Revolution, von der preußischen Regierung <strong>in</strong> Kassel ernannt<br />
worden. Schmid, bis <strong>in</strong>s Mark konservativ und antisozialistisch e<strong>in</strong>gestellt, gab<br />
sich zunächst kooperativ, betrieb jedoch h<strong>in</strong>ter den Kulissen von Anfang an die<br />
Absetzung Wagners und die Beseitigung der Räte. Dabei kamen ihm se<strong>in</strong>e Kontakte<br />
zu führenden Vertretern der MSPD zugute. Er hatte sie während des Krieges<br />
als Regierungsrat im preußischen Innenm<strong>in</strong>isterium geknüpft. Unterstützung fand<br />
er auch im Kreisausschuss, e<strong>in</strong>em noch nach dem reaktionären Dreiklassenwahlrecht<br />
gewählten Gremium. Unter dem E<strong>in</strong>druck des Mordes an Rosa Luxemburg<br />
und Karl Liebknecht trat Georg Wagner am 16. Januar zurück. Dem Ultimatum<br />
des Generalkommandos des 18. Armeekorps folgend, schränkte der AuSR Ende<br />
Januar se<strong>in</strong>e Funktion auf die Wahrnehmung von Arbeiter<strong>in</strong>teressen e<strong>in</strong>.<br />
Davon unbee<strong>in</strong>druckt bemühte sich Schmid weiterh<strong>in</strong> im Zusammenwirken<br />
mit dem Regierungspräsidenten (MSPD) und dem preußischen Innenm<strong>in</strong>ister Rudolf<br />
Breitscheid (USPD) um militärische Unterstützung. Schmids offenkundiges<br />
Ziel war dabei die gewaltsame Zerschlagung der L<strong>in</strong>ken <strong>in</strong> Hanau. Unruhen am<br />
18. und 19. Februar, deren Ursachen nie ganz aufgeklärt wurden, dienten als Vorwand<br />
zum E<strong>in</strong>marsch der Regierungstruppen am 22. Februar<strong>1919</strong>. <strong>Die</strong> Führer des<br />
AuSR wurden verhaftet und das Gewerkschaftshaus durchsucht. Noch während<br />
des Belagerungszustandes fanden am 2. März <strong>1919</strong> <strong>in</strong> Hanau die Stadtverordnetenwahlen<br />
nach dem neuen Wahlrecht statt. <strong>Die</strong> USPD, deren Listenführer Friedrich<br />
Schnellbacher, Georg Wagner und Wilhelm Schw<strong>in</strong>d im Gefängnis saßen,<br />
bekam die meisten Stimmen und gewann 12 von 42 Mandaten.<br />
Das Beispiel Hanau macht deutlich, wie viel Energie durch das Doppelspiel der<br />
Regierung Ebert und ihrer Stellvertreter vergeudet wurde, so dass der Kampf<br />
selbst dort verloren g<strong>in</strong>g, wo alle Voraussetzungen des Sieges bestanden hatten.<br />
Clara Zetk<strong>in</strong> hat die Bedeutung dieses Beispiels gewürdigt. Sie nannte das revolutionäre<br />
Hanau e<strong>in</strong>e Insel im Ozean: „Es war e<strong>in</strong> vorgeschobener Posten der proletarischen<br />
Revolution, der zurückgezogen werden musste, weil die breiten starken<br />
Heersäulen nicht folgten. 43<br />
43 Clara Zetk<strong>in</strong>: Vorwort zu Friedrich Schnellbacker: Hanau <strong>in</strong> der Revolution vom 7. November <strong>1918</strong> bis 7. November<br />
<strong>1919</strong>, Hanau 1920, S. 9.<br />
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