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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Sogar Karl Liebknecht, der am 2. Dezember 1914 als e<strong>in</strong>ziger se<strong>in</strong>er Fraktion gegen<br />

die Kriegskredite stimmte, kam nicht umh<strong>in</strong>, neben der allgeme<strong>in</strong> wirkenden<br />

Tendenz des Imperialismus die Hauptkriegsursache „im Dunkel des Halbabsolutisms<br />

und der Geheimdiplomatie hervorgerufenen Präventivkrieg“ 6 zu sehen und<br />

damit re<strong>in</strong> logisch die Ententemächte zu entlasten.<br />

<strong>Die</strong> vordergründige deutsche Kriegsverantwortung und der Verrat der sozialdemokratischen<br />

Reichstagsfraktion bewirkte den harten Verteidigungsstandpunkt<br />

und die unversöhnliche Haltung der französischen Sozialisten gegenüber<br />

<strong>Deutschland</strong>s Regierenden und Burgfriedenspolitikern. Und diese Position vertrat<br />

der große Jaurès! <strong>Die</strong> Sozialistische Partei Frankreichs erklärte noch <strong>in</strong> Reaktion<br />

auf die Zimmerwalder Konferenz 1915, „dass e<strong>in</strong> dauernder Friede nur durch den<br />

Sieg der Alliierten und den Ru<strong>in</strong> des deutschen militärischen Imperialismus erlangt<br />

werden kann und dass jeder andere Friede nur e<strong>in</strong> Trugbild oder e<strong>in</strong>e Kapitulation<br />

wäre.“ 7 Das sich daraus ergebende Dilemma der Internationale brachte die<br />

auf der Zimmerwalder Konferenz berufene Internationale Sozialistische Kommission<br />

(ISK) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erklärung zum Ausdruck, als sie e<strong>in</strong>e Differenzierung der Positionen<br />

der Sozialisten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Ländern aufgrund der Besonderheiten<br />

der militärischen Lage ablehnte. „<strong>Die</strong> Internationale müsste <strong>in</strong> diesem Falle überhaupt<br />

so lange untätig bleiben, bis sich die militärische Lage geändert hat, oder<br />

sie müsste, je nach der militärischen Lage oder nach der Frage nach der äußeren<br />

Schuld am Kriegsausbruch, die Kriegspolitik der Arbeiterklasse gegen die Arbeiterklasse<br />

des andern Landes unterstützen. Das stände aber im Widerspruch mit den<br />

Stuttgarter, Kopenhagener und Baseler Beschlüssen...“ 8 <strong>Die</strong>se Feststellung verdeutlicht,<br />

dass die L<strong>in</strong>ken die sehr konkreten, aber nicht weniger zu berücksichtigenden<br />

nichtimperialistischen Aspekte des Krieges vollständig ausklammerten,<br />

alle<strong>in</strong> die sich aus der Interpretation der weltpolitischen Gesamtsituation ergebende<br />

Logik wie auch die Chancen e<strong>in</strong>er revolutionären Ausnutzung der Weltkriegskrise<br />

<strong>in</strong> den Mittelpunkt ihrer Politik rückten und damit h<strong>in</strong>ter den tatsächlichen<br />

Erfahrungen der Völker zu Kriegsbeg<strong>in</strong>n zurückblieben.<br />

Als die Februarrevolution 1917 <strong>in</strong> Russland den Separatfrieden mit den Mittelmächten<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich werden ließ und sich das Internationale Sozialistische<br />

Büro endlich aktivierte und die Stockholmer Friedenskonferenz 1917 e<strong>in</strong>berief,<br />

geschah dies nicht aus verräterischen proimperialistischen Motivationen, sondern<br />

aus berechtigter Sorge vor e<strong>in</strong>em deutschen Sieg. Und diese Sorge war ebenso begründet<br />

wie die Parte<strong>in</strong>ahme der Ententesozialisten für ihre Regierungen und der<br />

sozialistischen Pazifisten für den nichtrevolutionären Friedensschluss. Denn wie<br />

für die Ententesozialisten <strong>Deutschland</strong>s Hauptschuld am Krieg und die Verantwortung<br />

der deutschen Sozialdemokratie für die Unterstützung der Reichsleitung<br />

6 Zu Liebknechts Sonderabstimmung, <strong>in</strong>: Karl Liebknecht. Gesammelte Reden und Schriften, Band VIII,<br />

Berl<strong>in</strong> 1982, S. 63.<br />

7 Umbert-Droz, Der Krieg, S. 165.<br />

8 Ebenda, S. 167.<br />

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