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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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hätte die Mehrheits-SPD (so seit ihrer Neugründung am 28. April 1917) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

M<strong>in</strong>derheits-SPD heißen müssen. Bis zum Ausbruch der Revolution g<strong>in</strong>g die Zahl<br />

der USPD-Mitglieder auf etwa 18 – 20.000 zurück, die SPD hatte zu diesem Zeitpunkt<br />

etwa die gleiche Mitgliederzahl.<br />

<strong>Die</strong> L<strong>in</strong>ken wuchsen mit den sich entwickelnden Massenstreiks nach den<br />

Revolutionen <strong>in</strong> Russland vom Februar und Oktober 1917 im April 1917 6 und im<br />

Januar <strong>1918</strong> 7 . Mit den Arbeiterräten entstanden neue Formen zur Leitung der Massenbewegung<br />

neben den herkömmlichen Partei- und Gewerkschaftsorganisationen<br />

– jetzt konnte Berl<strong>in</strong> deutlich als Vorort der Antikriegsbewegung, wohl auch<br />

als zentraler Ort der heranwachsenden Revolution gelten. Es zeigten sich bereits<br />

die Stärken, aber auch die Schwächen der Bewegung: Spontaneität und Massenbeteiligung,<br />

Kampfbereitschaft und Solidarität, zugleich relative Isolation gegenüber<br />

anderen Mittelpunkten der Bewegung, Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten <strong>in</strong> der<br />

Führung und Zielsetzung, deren pr<strong>in</strong>zipielle Unterschiede zunächst durch geme<strong>in</strong>same<br />

Streikforderungen und die Beteiligung rechtssozialdemokratischer<br />

Funktionäre z. B. am Groß-Berl<strong>in</strong>er Arbeiterrat Ende Januar <strong>1918</strong> überdeckt wurden.<br />

Der fortdauernde Belagerungszustand, die Inhaftierung oder E<strong>in</strong>berufung<br />

von Spartakus- und USPD-Funktionären, das faktische Fehlen e<strong>in</strong>er oppositionellen<br />

Massenpresse –neben dem rechtssozialdemokratischen „Vorwärts“, der se<strong>in</strong>e<br />

Auflage noch steigern konnte, – schränkten die Möglichkeiten e<strong>in</strong>er klärenden politischen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung über Fortgang und Ziele der Bewegung stark e<strong>in</strong>.<br />

Am 7. November <strong>1918</strong> schrieb Harry Graf Kessler <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Tagebuch: „Allmähliche<br />

Inbesitznahme, Ölfleck, durch die meuternden Matrosen von der Küste<br />

aus. Sie isolieren Berl<strong>in</strong>, das bald nur noch e<strong>in</strong>e Insel se<strong>in</strong> wird. Umgekehrt wie<br />

<strong>in</strong> Frankreich (1789 – I.M.) revolutioniert die Prov<strong>in</strong>z die Hauptstadt, die See das<br />

Land“. 8 Obgleich sich Ende Oktober <strong>1918</strong> der „Vollzugsausschuß des Arbeiterund<br />

Soldatenrates“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> aus Revolutionären Obleuten, leitenden USPD-<br />

Funktionären und Spartakusführeren bildete (die Anwesenheit des Pionier-Oberleutnants<br />

Eduard Walz bis zu se<strong>in</strong>er Verhaftung am 3. November rechtfertigte offenbar<br />

auch die Bezeichnung „Soldatenrat“!), kam es zunächst nicht zu e<strong>in</strong>em geschlossenen<br />

und entschlossenen Aufruf zum revolutionären Aufstand. Man muss<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Rechnung stellen, dass sich <strong>in</strong> der Hauptstadt nach wie vor e<strong>in</strong><br />

machtvoller Militär- und Polizeiapparat befand, der <strong>in</strong>sbesondere nach der Verhaftung<br />

von Walz von der „revolutionären Bedrohung Berl<strong>in</strong>s“ überzeugt war. So<br />

begann die Revolution mit dem Aufstand der Matrosen, „an der See“, <strong>in</strong> Wilhelmshaven<br />

und Kiel, wo sich Arbeiter und Soldaten mit ihnen zusammenschlossen<br />

für die Beendigung des Krieges und revolutionäre demokratische Verände-<br />

6 Siehe dazu am ausführlichsten He<strong>in</strong>rich Scheel: Der Aprilstreik 1917 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, <strong>in</strong>: Revolutionäre Ereignisse<br />

und Probleme <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> während der Periode der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution 1917/<strong>1918</strong>,<br />

hrsg. von Albert Schre<strong>in</strong>er, Berl<strong>in</strong> 1957, S. 1-88.<br />

7 Siehe Walter Bartel: Der Januarstreik <strong>1918</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, <strong>in</strong>: ebenda, S. 141-184.<br />

8 Harry Graf Kessler: Tagebücher <strong>1918</strong>-1937, Frankfurt a.M. 1961, S. 18; zit. nach He<strong>in</strong>rich A. W<strong>in</strong>kler: Weimar<br />

<strong>1918</strong>-1933. <strong>Die</strong> Geschichte der ersten deutschen Demokratie, München 1993, S. 29.<br />

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