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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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<strong>Die</strong> Streikbewegung vom Frühjahr <strong>1919</strong><br />

Parallel zu Streikbewegungen im sächsisch-thür<strong>in</strong>gischen Industrierevier weitete<br />

sich die Proteststimmung im Ruhrgebiet während des Februar <strong>1919</strong> aus und<br />

gipfelte <strong>in</strong> zwei Generalstreiks, die mit massivsten Ausschreitungen und bürgerkriegsähnlichen<br />

Kämpfen verbunden waren. E<strong>in</strong> Großteil der Arbeiterschaft begehrte<br />

gegen die Machtverhältnisse auf, „deren Veränderung sie seit dem Revolutionsbeg<strong>in</strong>n<br />

erhofft hatten“, so dass sich <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit e<strong>in</strong>e politisch<br />

hochexplosive Stimmung <strong>in</strong> der Region breit machte. 39 Örtliche Vertreter der<br />

FVdG und der um die Jahreswende <strong>1918</strong>/19 gegründeten KPD erkannten <strong>in</strong> der<br />

zunehmenden Unruhe der Arbeiterschaft e<strong>in</strong>en Hebel zur Aufwertung der eigenen<br />

Machtpositionen, so dass sie sich vielfach, gerade <strong>in</strong> den Hochburgen des östlichen<br />

Ruhrgebiets, an die Spitze lokaler Arbeiter- und Soldatenräte stellten. Erst <strong>in</strong><br />

diesem Zeitraum entfaltete die sozialistisch-utopistische Räteidee <strong>in</strong> der schwer<strong>in</strong>dustriellen<br />

Ballungsregion an der Ruhr ihre gewaltige sozialpsychologische<br />

Anziehungskraft, die zum erstrebenswerten Gegenentwurf zu den sche<strong>in</strong>bar unveränderten<br />

gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen avancierte. Schien sie<br />

doch dem unmittelbaren „Volkswillen“ der revoltierenden Massen Ausdruck zu<br />

verleihen. 40<br />

Auslöser des Generalstreiks war die Absetzung des Münsteraner Generalsoldatenrates<br />

am 11. Februar <strong>1919</strong> durch Reichswehrgeneral Oskar von Watter. Der<br />

Soldatenrat, der die Kommandogewalt im Bereich des VII. Armeekorps – zu dem<br />

das Ruhrgebiet gehörte – beanspruchte, war der Obersten Heeresleitung e<strong>in</strong> Dorn<br />

im Auge gewesen. <strong>Die</strong> Arbeiter- und Soldatenräte des Ruhrgebiets betrachteten<br />

diesen Schritt als e<strong>in</strong>en Angriff auf die eigene Position und reagierten mit der<br />

Androhung des Generalstreiks zum 18. Februar, worüber e<strong>in</strong>e Revierkonferenz<br />

bef<strong>in</strong>den sollte. In diesem Zeitfenster rissen nun Arbeiter- und Soldatenräte aus<br />

dem Mülheimer Raum, die von Syndikalisten und Kommunisten dom<strong>in</strong>iert waren,<br />

das Heft des Handelns an sich, <strong>in</strong>dem sie am 16. Februar – gegen den Widerstand<br />

von SPD-Vertretern und des Alten Verbandes – den Generalstreik ausriefen. 41 Der<br />

Alte Verband rief <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Organ, der „Bergarbeiter-Zeitung“, zur Mäßigung auf.<br />

Er warnte, der von „unverantwortlichen spartakistischen Elementen“ <strong>in</strong>itiierte<br />

Streik würde das wirtschaftliche Leben, „welches ohneh<strong>in</strong> vor dem Zusammenbruch<br />

steht“, vollends zerstören, „unermäßliche Not, Hunger und Elend“ würden<br />

um sich greifen. Damit nicht genug, die Reichsregierung wurde sogar „im Auftrag<br />

des überwiegenden großen Teils der Belegschaften“ aufgefordert, „unverzüglich<br />

38 Siehe Mommsen, Revolution, S. 375.<br />

39 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, S. 399.<br />

40 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XX; Mommsen, Revolution, S. 370, 376f.; Wehler, Gesellschaftsgeschichte,<br />

S. 400.<br />

41 Siehe den Artikel „Warum s<strong>in</strong>d wir gegen den Generalstreik?“ des Sozialdemokraten und Mitglieds des Essener<br />

Arbeiter- und Soldatenrats, He<strong>in</strong>rich Limbertz, <strong>in</strong> der Essener Arbeiterzeitung vom 19.2.<strong>1919</strong>, <strong>in</strong>: Abelshauser/Himmelmann,<br />

Revolution, S. 59-61.<br />

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