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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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nicht überflüssig werden: Sie hätten gegenüber der Betriebsleitung (auch gegenüber<br />

dem Betriebsrat als Träger der Produktion) die ökonomischen Interessen<br />

(Lohnhöhe, Arbeitszeit) der Lohnarbeitenden wahrzunehmen (und das auch <strong>in</strong> sozialisierten<br />

Betrieben, auch später im Sozialismus!). Den Regierungsentwurf für<br />

e<strong>in</strong> Betriebsrätegesetz kritisierte Leipart als unzureichend. 23<br />

<strong>Die</strong> territorialen Arbeiterräte wurden von Leipart (im Unterschied z. B. zu Fritz<br />

Paeplow vom Bauarbeiterverband, der sie strikt ablehnte) als „politische Organe<br />

der Revolution“ gefasst und anerkannt. Sie sollten „gewählt (werden) <strong>in</strong> Urwahlen,<br />

nicht etwa aus den Betriebsräten heraus, sondern durch Urwahl der Gesamtheit<br />

der Arbeiterschaft e<strong>in</strong>es Ortes, e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>debezirks oder e<strong>in</strong>es größeren<br />

Wirtschaftsgebiets“ und „könnten dann neben den ihnen <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Wirtschaftsorganisation<br />

gesetzlich zugewiesenen Rechten und Pflichten auch die sozialen<br />

und kommunalpolitischen Aufgaben übernehmen“ – „als Vertretung der Arbeiterschaft<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Geme<strong>in</strong>debezirks“. Über die praktische Durchführung<br />

dieser Ideen sollte noch nachgedacht werden: „Wie kann man die Arbeiterräte <strong>in</strong><br />

das Wirtschaftsleben e<strong>in</strong>fügen, wie kann man ihnen wirklich praktische Aufgaben<br />

zuweisen, die sie auch erfüllen können? Das ist nicht so e<strong>in</strong>fach, das kann man<br />

nicht aus dem Handgelenk schütten, sondern das muss e<strong>in</strong>gehend überlegt und erwogen<br />

werden.“ 24 Und: „<strong>Die</strong> Arbeiterräte als politische Organe sollten für die Lösung<br />

der wirtschaftlichen Aufgaben die Gewerkschaften heranziehen, die <strong>in</strong> jahrelanger<br />

Arbeit Erfahrungen gesammelt haben und die <strong>in</strong>sbesondere bei der<br />

bevorstehenden Sozialisierung dazu reifer Industriezweige unentbehrlich s<strong>in</strong>d“;<br />

sie „bilden nach wie vor die stärkste Gewähr für e<strong>in</strong>e dauerhafte Vertretung der<br />

wirtschaftlichen Arbeiter<strong>in</strong>teressen“. 25<br />

Im Zusammenhang mit der Rätediskussion unterbreitete Leipart e<strong>in</strong>ige Überlegungen<br />

zur „allgeme<strong>in</strong>en Wirtschaftsorganisation“, deren tragende Säule „Selbstverwaltungsorgane<br />

der Volkswirtschaft“ se<strong>in</strong> sollten, zusammengesetzt aus Vertretern<br />

der Arbeiter, der Betriebe, der Geme<strong>in</strong>den, des Handels, der Konsumenten usw. 26<br />

Zusammengenommen enthielten die während der Revolution angestellten<br />

Überlegungen zu Sozialisierung und Räten (den betrieblichen und den territorialen)<br />

erste Vorstellungen zur Demokratisierung der Wirtschaft (Wirtschaftsdemokratie)<br />

als transformatorischer - demokratischer - Weg zum Sozialismus. Sie wurden<br />

<strong>in</strong> den 20er Jahren weiterentwickelt. 27<br />

22 Jahrbuch des DHV für <strong>1919</strong>, Berl<strong>in</strong> 1920, S. 25-27.<br />

23 Siehe Leipart, u.a. auf dem Nürnberger Kongress, <strong>in</strong>: Leipart II, S. 273/264.<br />

24 So Leipart <strong>in</strong> der Vorständekonferenz der freien Gewerkschaften am 25.4.<strong>1919</strong>. Siehe Leipart II, S. 251-253.<br />

25 Leipart II, S. 239.<br />

26 Leipart II, S. 253. Siehe Peter von Oertzen: Sozialisierung im Marxschen S<strong>in</strong>ne sei e<strong>in</strong> System radikaler demokratischer<br />

Selbstverwaltung, <strong>in</strong>: Ders. , Betriebsräte, S. 230.<br />

27 Siehe dazu Ulla Plener: Wirtschaften fürs Allgeme<strong>in</strong>wohl – Weg zur sozialen Gerechtigkeit. Zur Geschichte<br />

und Aktualität der sozialdemokratischen Ur-Idee: Wirtschaftsdemokratie, Berl<strong>in</strong> 2006 (2. erweiterte Auflage),<br />

Kapitel II, S. 19-26. Zum Umgang mit der Idee Wirtschaftsdemokratie nach dem 2. Weltkrieg ebenda, Kapitel<br />

III, S. 27-49; <strong>in</strong> den Jahren 1990-2000 ebenda, Kapitel IV, S. 50-124.<br />

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