Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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Und nicht nur das: Der Inhalt des Abkommens konnte gerade aufgrund des 9.11.<br />
um den Achtstunden-Arbeitstag u. a. Festlegungen, für die die Gewerkschaften<br />
Jahrzehnte gekämpft und die die Arbeitgeberseite noch am 8.11. abgelehnt hatte,<br />
erweitert werden. Das Abkommen war e<strong>in</strong> durch die Revolution bewirkter Schritt<br />
nach vorn bei der Durchsetzung der politischen Ökonomie der Lohnarbeiterschaft<br />
gegen die politische Ökonomie des Unternehmertums.<br />
Auf dem Verbandstag des DHV im Juni <strong>1919</strong> schätzte Leipart e<strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Arbeiter<br />
haben e<strong>in</strong>en großen Sieg errungen, aber(!) der Kampf ist noch nicht zu Ende.<br />
Der Kapitalismus hat uns Konzessionen machen müssen, aber er ist noch nicht besiegt.“<br />
13 Und auf dem Gewerkschaftskongress <strong>in</strong> Nürnberg im Juli <strong>1919</strong> sagte er:<br />
Nach der (November-) Revolution habe man geglaubt, „bei der schnellen Durchführung<br />
der politischen Revolution sei auch die soziale Revolution bald vollendet“;<br />
aber: „Man vergaß dabei die alte Wahrheit, dass die Demokratie nur die erste<br />
Voraussetzung für die Durchführung des Sozialismus ist.“ 14 Da bewegte sich<br />
Leipart ganz auf der L<strong>in</strong>ie von Marx und Engels (die auch Rosa Luxemburg und<br />
Len<strong>in</strong> vertraten). Sozialismus verband man im DHV (bzw. setzte ihn gleich) mit<br />
Sozialisierung.<br />
<strong>Die</strong> Sozialisierung wurde als „die Überführung der Produktion <strong>in</strong> den Besitz<br />
und die Verwaltung der Allgeme<strong>in</strong>heit“ erläutert (so Fritz Tarnow, Leiparts<br />
Gleichges<strong>in</strong>nter und Nachfolger als Vorsitzender des DHV, auf dem Verbandstag<br />
des DHV im Juni <strong>1919</strong>). 15 Im E<strong>in</strong>klang damit führte Leipart <strong>in</strong> Nürnberg im Juli<br />
<strong>1919</strong> aus: Aufgabe der Gewerkschaften sei es, die soziale Revolution durchzuführen,<br />
den Sozialismus zu verwirklichen 16 – und das hieß: die Sozialisierung der<br />
Produktion, wie Tarnow das erläutert hatte, was aber „e<strong>in</strong>e längere Zeit dauern<br />
wird“. Leipart ebenda: „Ich b<strong>in</strong> gegen jede unberechtigte Verzögerung, gegen jede<br />
Verschleppung der Sozialisierung“, und er empfiehlt, <strong>in</strong> den „Richtl<strong>in</strong>ien für die<br />
künftige Wirksamkeit der Gewerkschaften“, die er auf dem Kongress begründete,<br />
„auszusprechen, dass die Gewerkschaften im Sozialismus die höhere Form der<br />
volkswirtschaftlichen Organisation erblicken. Also auch die Gewerkschaften verlangen<br />
die baldige Verwirklichung des Sozialismus...“ <strong>Die</strong>ses (erstmalige) programmatische<br />
Bekenntnis der freien Gewerkschaften zum Sozialismus wurde <strong>in</strong><br />
die <strong>in</strong> Nürnberg beschlossenen „Richtl<strong>in</strong>ien“ aufgenommen. 17<br />
Sozialisierung bedeutete also im Verständnis dieser Gewerkschafter, den Sozialismus<br />
zu verwirklichen. Da die Revolution, so Leipart <strong>in</strong> Nürnberg, mit der<br />
politischen Demokratie „nur die erste Voraussetzung für die Durchführung des<br />
Sozialismus“ gebracht habe, müsse „die Revolution fortgesetzt werden“. Aber:<br />
„nicht durch Putsche, nicht durch Waffengewalt, auch nicht mit wilden Streiks...<br />
13 Leipart II, S. 261.<br />
14 Ebenda, S. 270.<br />
15 Nach HZ, 28.6.<strong>1919</strong>.<br />
16 Leipart II, S. 271, 276.<br />
17 Siehe Leipart II, S. 276.<br />
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