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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Regierungssozialisten euch durch die Schrecken e<strong>in</strong>es Krieges gejagt, haben euch<br />

gesagt, man müsse >das Vaterland< verteidigen, wo es sich nur um die nackten<br />

Raub<strong>in</strong>teressen des Imperialismus handelte. Jetzt, wo der deutsche Imperialismus<br />

zusammengebrochen ist, suchen sie für die Bourgeoisie zu retten, was noch zu retten<br />

ist, und suchen, die revolutionären Energien der Massen zu ersticken.“ 87<br />

Welchen Weg <strong>Deutschland</strong> künftig gehen würde, war <strong>in</strong> den Wochen nach dem<br />

9. November offen. Ob sich e<strong>in</strong>e bürgerliche „Republik <strong>Deutschland</strong>“ oder die<br />

„freie sozialistische Republik“ durchsetzen würde, war noch nicht e<strong>in</strong>deutig absehbar.<br />

Bereits am 10. November, e<strong>in</strong>em Sonntag, versammelten sich ab 17.00 die <strong>in</strong><br />

den Morgenstunden desselben Tages <strong>in</strong> den Betrieben und Kasernen gewählten<br />

Delegierten zu e<strong>in</strong>er Vollversammlung der Berl<strong>in</strong>er Arbeiter- und Soldatenräte im<br />

Zirkus Busch. Pathetisch titelte der „Vorwärts“ an diesem Tag: „Ke<strong>in</strong> Bruderkampf!“.<br />

Mit dieser die Stimmung der Massen treffenden Parole sollte jede Kritik<br />

an der Politik der SPD <strong>in</strong> den vergangenen vier Jahren abgewehrt und somit radikaler<br />

Agitation im Namen der „E<strong>in</strong>heit“ entgegengewirkt werden. Spartakus<br />

stellte nur wenige der ca. 3.000 Delegierten, weder Rosa Luxemburg noch Karl<br />

Liebknecht hatten e<strong>in</strong> Mandat erhalten. Ernst Meyer nahm an der Versammlung<br />

teil, wahrsche<strong>in</strong>lich aber auch nur als Beobachter. <strong>Die</strong> Vollversammlung beschloss,<br />

die Regierungsgewalt e<strong>in</strong>em „Rat der Volksbeauftragten“ zu übertragen,<br />

der aus drei SPD- und drei USPD-Mitgliedern bestand. Weiterh<strong>in</strong> erklärte die<br />

Vollversammlung <strong>Deutschland</strong> zur sozialistischen Republik, <strong>in</strong> der die Arbeiterund<br />

Soldatenräte die Träger der politischen Macht seien. 88 Noch am Abend desselben<br />

Tages kam die Spartakusführung (e<strong>in</strong>schließlich der aus dem Gefängnis<br />

entlassenen Rosa Luxemburg, die gegen 22 Uhr Berl<strong>in</strong> erreichte) <strong>in</strong> den Räumen<br />

des besetzten „Berl<strong>in</strong>er Lokal-Anzeigers“ zusammen. Trotz der Freude, dass sie<br />

nun endlich wieder alle beisammen waren, herrschte e<strong>in</strong>e sehr nachdenkliche<br />

Stimmung. Auch wenn die Revolution vorerst erfolgreich gewesen war: <strong>Die</strong> Versammelten<br />

fürchteten, dass die Konterrevolution ke<strong>in</strong>eswegs besiegt war, und ihnen<br />

war bewusst, dass der Spartakusgruppe „die Massenorganisation, mit der sie<br />

nicht nur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, sondern im ganzen Reich ihre Aufgabe hätte erfüllen können“,<br />

fehlte. 89<br />

Am 11. November kamen Vertreter der Spartakusgruppe zur ersten legalen<br />

Konferenz ihrer Geschichte im Hotel Excelsior am Anhalter Bahnhof zusammen.<br />

Luxemburg, Liebknecht, Levi und Meyer hatten hier vorübergehend Quartier genommen.<br />

90 <strong>Die</strong> Konferenz beschloss, die Spartakusanhänger fester zusammenzu-<br />

87 Ebenda, S. 3.<br />

88 Zur Vollversammlung der Berl<strong>in</strong>er A.- und S. -Räte siehe IML: <strong>Novemberrevolution</strong>, S. 149-153, Zitat S. 152.<br />

Zur Teilnahme Meyers siehe Lange, Berl<strong>in</strong> (1987), S. 39. Siehe auch Pieck, Er<strong>in</strong>nerungen, S. 433f. Womöglich<br />

nahm Meyer als Pressevertreter teil. Er musste sich am 10.11. sowohl um die Redaktion der „Roten<br />

Fahne“, als auch um die Anwerbung neuer Mitarbeiter der ROSTA kümmern. Dazu siehe SAPMO-BArch,<br />

SgY30/0297 (Friedel Gräf), Bl.44.<br />

89 Pieck, Er<strong>in</strong>nerungen, S. 455.<br />

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