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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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friede“. 25 Juchacz kritisierte, dass sich die USPD-Frauen nicht e<strong>in</strong>er öffentlichen<br />

Aufforderung an den Reichskanzler nach Anhörung e<strong>in</strong>er Delegation von Frauen<br />

aus den verschiedenen Vere<strong>in</strong>en und Verbänden angeschlossen hatten, als es um<br />

die Forderung des Frauenwahlrechts g<strong>in</strong>g. In ihrer schriftlichen Begründung, <strong>in</strong><br />

der „Gleichheit“ abgedruckt, betonte Luise Zietz, dass sie trotz Beteiligung der<br />

SPD ke<strong>in</strong>erlei parlamentarisch-demokratische Umbildung der Regierung erkennen<br />

könne, sondern die USPD stärker unterdrückt werde als zuvor. Sie sah die<br />

Durchsetzung aller demokratischen Forderungen alle<strong>in</strong> durch den Kampf der proletarischen<br />

Massen gewährleistet. 26 Marie Juchacz erachtete diese E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />

den verhalten demokratischen Entwicklungen als bedauerliche Ignoranz.<br />

27 An anderer Stelle fragte sie, ob Luise Zietz wirklich glaube, „dadurch das<br />

Proletariat zu erlösen, daß sie es antreibt, sich zu zerfleischen?“ 28<br />

Dreh- und Angelpunkt der „Gleichheit“-Berichterstattung im Rahmen der laufenden<br />

Friedensverhandlungen war die Frage des Frauenwahlrechts. US-Präsident<br />

Woodrow Wilson, an den sich die neue SPD-gestützte Regierung um die E<strong>in</strong>leitung<br />

von Friedensverhandlungen wandte 29 und der sich im eigenen Land für das<br />

Frauenwahlrecht stark machte 30 , wurde den deutschen Frauen als doppelter Hoffnungsträger<br />

vorgestellt. In dem Leitartikel „<strong>Die</strong> Frauen und der kommende Frieden“<br />

31 forderte die „Gleichheit“-Redaktion alle Frauen auf zu verlangen, dass das<br />

Frauenwahlrecht als e<strong>in</strong>e „unerläßliche Friedensbed<strong>in</strong>gung für alle beteiligten<br />

Völker anerkannt“ werde. Den langersehnten Frieden schon greifbar nahe, sollte<br />

mehreren Gefahren vorgebeugt werden. Es müsse „e<strong>in</strong> zukünftiger wilder Kampf<br />

der Frauenwelt gegen die Männerwelt“ und zugleich e<strong>in</strong> erneuter „bedauerliche[r]<br />

Gegensatz zu den anderen Völkern“ verh<strong>in</strong>dert werden 32 Für beide Gefahren galt<br />

der „Gleichheit“-Redaktion das Frauenwahlrecht als Lösung. Selbst mit dieser geschlechtsspezifischen<br />

Forderung schaffte es die Redaktion der „Gleichheit“, e<strong>in</strong><br />

gewisses nationales Geltungsbewusstse<strong>in</strong> auszudrücken. Ohne das Frauenwahlrecht<br />

riskiere man nämlich, dass <strong>Deutschland</strong> „auch <strong>in</strong> der zu erhoffenden demokratischen<br />

Zukunft der Welt […] wiederum am h<strong>in</strong>tersten Ende marschiert“ 33 .<br />

25 <strong>Die</strong> Frauen im neuen <strong>Deutschland</strong>, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 8.11.<strong>1918</strong>, S. 17-18.<br />

26 Siehe „Nicht das ger<strong>in</strong>gste gespürt“, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 8.11.<strong>1918</strong>, S. 18.<br />

27 „<strong>Die</strong> Gleichheit“ erklärte später, dass die Amnestie für verhaftete USPD-Politiker wie Karl Liebknecht vor allem<br />

den Bemühungen Philipp Scheidemanns zuzuschreiben sei (siehe „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 8.11.<strong>1918</strong>, S. 20).<br />

Dagegen war die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts der „Gleichheit“-Redaktion im Januar<br />

<strong>1919</strong> ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Zeile wert (zum<strong>in</strong>dest nicht <strong>in</strong> dem von mir untersuchten Hauptblatt der „Gleichheit“).<br />

28 Unter dem Titel „Störenfriede!“ („<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 22.11.<strong>1918</strong>, S. 31-32) veröffentlichte Juchacz e<strong>in</strong>en<br />

Bericht über e<strong>in</strong>e Versammlung, die die Hamburger Mehrheitssozialdemokrat<strong>in</strong>nen geme<strong>in</strong>sam mit dem örtlichen<br />

bürgerlichen Frauenstimmrechtsverband veranstaltet hatten. <strong>Die</strong>se von 5.000 Personen besuchte Veranstaltung<br />

sei von Mitgliedern der USPD unter Führung von Luise Zietz <strong>in</strong> ungehörigem Maße gestört worden.<br />

Wegen des Radaus habe die Redner<strong>in</strong> des Frauenstimmrechtsverbandes nur kurz und Marie Juchacz gar<br />

nicht mehr sprechen können. <strong>Die</strong> Versammlung musste schließlich aufgelöst werden. Sozialdemokrat<strong>in</strong>nen<br />

müssten sich angesichts e<strong>in</strong>es solchen Verhaltens von Zietz „angewidert“ (ebenda, S. 32) abwenden.<br />

29 Siehe E<strong>in</strong> Ende und e<strong>in</strong> Anfang, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 25.10.<strong>1918</strong>, S. 9.<br />

30 Siehe Das Frauenwahlrecht <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 8.11.<strong>1918</strong>, S. 24.<br />

31 Siehe „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 22.11.<strong>1918</strong>, S. 25-26.<br />

32 Ebenda, S. 25.<br />

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