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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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und später zu e<strong>in</strong>er „allgeme<strong>in</strong>en Volksbewegung“ für den Frieden und die Republik,<br />

an der die proletarische Bewegung zwar teilgenommen, die aber deren Forderungen<br />

nicht erfüllt hatte: den Sturz der kapitalistischen Ordnung, ihres Staatsapparates,<br />

die Bewaffnung des Proletariats und den Übergang zur Errichtung e<strong>in</strong>er<br />

sozialistischen Gesellschaft. <strong>Die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Volksbewegung habe ihre Ziele und<br />

auch ihr Ende erreicht. <strong>Die</strong> proletarische Klassenbewegung löse sich nun aus der<br />

allgeme<strong>in</strong>en Volksbewegung und wende sich mit selbständigen Aktionen ihrer eigentlichen<br />

Aufgabe, der proletarischen Revolution, zu. Geführt werde sie durch<br />

die Kommunisten und Spartakusbündler. Der Beg<strong>in</strong>n der proletarischen Revolution<br />

ziele auf den Endkampf zwischen Kapital und Arbeit, der nun unmittelbar bevorstehe.<br />

Zu dieser Sicht der D<strong>in</strong>ge hatte offenbar Kniefs lange Isolierung von den vorrevolutionären<br />

Kämpfen, auch vom Zustandekommen des geme<strong>in</strong>samen Aufrufs<br />

der Spartakusgruppe und der L<strong>in</strong>ksradikalen vom Oktober <strong>1918</strong>, der zahlreiche<br />

demokratische Forderungen enthielt, nicht unwesentlich beigetragen. Kniefs revolutionäre<br />

Ungeduld verführte ihn immer wieder zur Ger<strong>in</strong>gschätzung der Revolutionsergebnisse<br />

unmittelbar nach dem 9. November. Er maß alles mit der Elle<br />

e<strong>in</strong>er proletarischen, sozialistischen Revolution. Andererseits sah er durchaus,<br />

dass die Revolution e<strong>in</strong> „Ereignis von höchster historischer und politischer Bedeutung“<br />

18 war. Denn, so stellte er fest, die Bourgeoisie hätte für kurze Zeit ihr entscheidendes<br />

politisches Machtmittel verloren – die Kontrolle über die bewaffneten<br />

Kräfte. Das hielt Knief für den entscheidenden Moment <strong>in</strong> der Anfangsphase<br />

des Umsturzes, dessen Chance aber durch den sozialdemokratischen Rat der<br />

Volksbeauftragten verspielt worden sei. Das jedoch hielt er für folgerichtig. Er begründete<br />

se<strong>in</strong>e Auffassung, wonach die offizielle Sozialdemokratie schon lange<br />

vor dem Krieg ihren Charakter als Umsturzpartei verloren hatte. Das sukzessive<br />

Abstreifen des revolutionären Charakters der Maifeier, das Ausbleiben e<strong>in</strong>es wirklichen<br />

Bruchs der Radikalen mit den Revisionisten, die Ablehnung des politischen<br />

Massenstreiks, das Abwürgen des preußischen Wahlrechtskampfes, die proliberale<br />

Dämpfungstaktik bei den Reichstagswahlen 1912, die Begünstigung der Militärvorlage<br />

1913 durch die Bewilligung der Deckungsvorlage und das Erdrosseln<br />

des großen Werftarbeiterstreiks 1913 (das Schlüsselerlebnis der Bremer Arbeiter<br />

vor dem Krieg!) wertete Knief als Belege dafür, dass die Sozialdemokratie bei<br />

Kriegsbeg<strong>in</strong>n bereits auf Gedeih und Verderb mit der bürgerlichen Gesellschaft<br />

verflochten war und ihren revolutionären Charakter längst e<strong>in</strong>gebüßt hatte. Knief<br />

sah die Politik des 4. August als die konsequente Fortsetzung der bisherigen Partei-<br />

und Gewerkschaftspolitik. Im Verhalten der MSPD-Führung <strong>in</strong> der Revolution<br />

vermochte er folgerichtig nur e<strong>in</strong>en weiteren Schritt dieser Parteientwicklung<br />

zu sehen. Wörtlich: „Nicht e<strong>in</strong> Verrat der Führer liegt hier vor, sondern e<strong>in</strong>e ganz<br />

konsequente Entwicklung... der Sozialdemokratie... Sie ist ihrem Wesen nach e<strong>in</strong>e<br />

18 Peter Unruh, Vom Zusammenbruch, S. 14.<br />

19 Ebenda, S. 10.<br />

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