Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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ziger Art und Weise der Regierung die Anerkennung abgesprochen: „Der Arbeiter-<br />
und Soldatenrat erkennt überhaupt ke<strong>in</strong>e andere Instanz an als die Revolution,<br />
deren Werkzeug und Produkt er ist [Hört, hört – rechts]. Se<strong>in</strong>e Aufgaben, se<strong>in</strong>e<br />
Gesetze, se<strong>in</strong>e Rechte und Pflichten ruhen nur auf der Revolution. [...] <strong>Die</strong> oberste<br />
Instanz des Arbeiter- und Soldatenrates ist niemand anderes als die Revolution<br />
selbst.“ 51 In se<strong>in</strong>en mehrfach von Tumult und Zwischenrufen unterbrochenen Ausführungen<br />
drohte er den bürgerlichen Abgeordneten an, sie würden „nicht mehr<br />
lange <strong>in</strong> diesem Hause sitzen“. Der Präsident der Volkskammer Fräßdorf (MSPD)<br />
erklärte, er habe die parlamentarisch unzulässigen Ausführungen Liebmanns nicht<br />
unterbrochen, damit sich jeder e<strong>in</strong> Bild von der Ges<strong>in</strong>nung der Unabhängigen machen<br />
könne. Nur zwei Tage später sorgte er freilich selbst für e<strong>in</strong>en Eklat, als er<br />
im selben Hause für den Fall neuer Streiks mit dem E<strong>in</strong>satz militärischer Gewalt<br />
und dem Erlass von Ausnahmegesetzen drohte und nach stürmischen Protesten<br />
der USPD-Fraktion wutentbrannt die Sitzung verließ. Später wurde deutlich, dass<br />
das Kab<strong>in</strong>ett schon an diesem Tage die Verhängung des Belagerungszustandes geplant<br />
hatte.<br />
Der entsprechende Anlass wurde bald gefunden: Der Mord an dem sächsischen<br />
Kriegsm<strong>in</strong>ister Neur<strong>in</strong>g am 12. April <strong>in</strong> Dresden. Sofort nach Bekanntwerden des<br />
Mordes rief die Regierung den Belagerungszustand zunächst für Dresden, ab dem<br />
nächsten Tag für das ganze Land aus. Das Standrecht wurde verhängt, die Presseund<br />
Versammlungsfreiheit ausgesetzt und die Unverletzlichkeit der Wohnung suspendiert.<br />
Der neue Kriegsm<strong>in</strong>ister Kirchhoff ernannte Generalmajor Löffler zum<br />
Beauftragten für die Durchführung des Belagerungszustandes <strong>in</strong> Leipzig. Das<br />
Innenm<strong>in</strong>isterium ordnete an, dass „die Polizeibehörden während der Dauer des<br />
Belagerungszustandes der Abhaltung aller öffentlichen Versammlungen, deren<br />
Zweck auf den Sturz der gegenwärtigen Regierung, die Aufhebung des Belagerungszustandes<br />
und die E<strong>in</strong>führung der Räterepublik gerichtet ist, ihre Genehmigung<br />
zu versagen [haben]. <strong>Die</strong> Erfahrung der letzten Zeit hat gelehrt, daß derartige<br />
Bestrebungen hauptsächlich von den unabhängigen Sozialdemokraten, den<br />
Kommunisten und Spartakisten ausgehen.“ 52<br />
In Leipzig g<strong>in</strong>g das Leben <strong>in</strong> der Stadt zunächst se<strong>in</strong>en gewohnten Gang, auch<br />
wenn die Universität seit dem 12. April ihre Pforten geschlossen hatte. 53 <strong>Die</strong><br />
Leipziger Messe fand ohne irgendwelche Störungen statt. Der Feiertag des 1. Mai<br />
wurde – je nach Bef<strong>in</strong>dlichkeit – ohne Zwischenfälle begangen, obwohl aufgrund<br />
des Belagerungszustandes alle öffentlichen Veranstaltungen verboten waren. Am<br />
7. Mai nahm die Stadtverordnetenversammlung aufgrund der entspannten Situation<br />
e<strong>in</strong>stimmig e<strong>in</strong>en – freilich um e<strong>in</strong>e radikalere Passage gekürzten – Antrag<br />
51 HStAD, Akten des M<strong>in</strong>isteriums des Inneren,Nr. 11075, Bl.23f.<br />
52 SStAL, Akten der Amtshauptmannschaft Leipzig, Nr. 1709, Bl.3.<br />
53 Mit Zustimmung des Rektors Professor Kittel hatte der Studentenausschuss alle Studenten zur Meldung für<br />
den „Grenzschutz“ im deutsch-polnischen Grenzgebiet aufgerufen, woraufh<strong>in</strong> die Eröffnung des neuen Semesters<br />
verlegt worden war.<br />
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