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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Scharrer zitiert viele Aussagen Rosa Luxemburgs von <strong>1918</strong>, darunter aus ihrem<br />

Manuskript „Zur russischen Revolution“, aber nicht die entscheidende Passage<br />

über Diktatur des Proletariats als sozialistische Demokratie mit ihrem „sozialen<br />

Kern“: „... Wir unterschieden stets den sozialen Kern von der politischen Form der<br />

bürgerlichen Demokratie, wir enthüllten stets den herben Kern der sozialen Ungleichheit<br />

und Unfreiheit unter der süßen Schale der formalen Gleichheit und<br />

Freiheit – nicht um diese zu verwerfen, sondern um die Arbeiterklasse dazu anzustacheln,<br />

sich nicht mit der Schale zu begnügen, vielmehr die politische Macht zu<br />

erobern, um sie mit neuem sozialen Inhalt zu füllen. Es ist die historische Aufgabe<br />

des Proletariats, wenn es zur Macht gelangt, anstelle der bürgerlichen Demokratie<br />

die sozialistische Demokratie zu schaffen, nicht jegliche Demokratie abzuschaffen...<br />

Sozialistische Demokratie beg<strong>in</strong>nt zugleich mit dem Abbau der Klassenherrschaft<br />

und dem Aufbau des Sozialismus. Sie beg<strong>in</strong>nt mit dem Moment der<br />

Machteroberung durch die sozialistische Partei. Sie ist nichts anderes als Diktatur<br />

des Proletariats. Jawohl: Diktatur! Aber diese Diktatur besteht <strong>in</strong> der Art der Verwendung<br />

der Demokratie, nicht <strong>in</strong> ihrer Abschaffung, <strong>in</strong> energischen, entschlossenen<br />

E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> die wohlerworbenen Rechte und wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

der bürgerlichen Gesellschaft, ohne welche sich die sozialistische Umwälzung<br />

nicht verwirklichen lässt...“ 42<br />

Bei den „entschlossenen E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> die wohlerworbenen Rechte und wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft“ g<strong>in</strong>g (und geht) es um<br />

E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die Eigentumsverhältnisse, um deren Demokratisierung – also um radikale<br />

(und deshalb – im Gefolge – soziale/sozialistische) Demokratie. Sozialismus<br />

verstand Rosa Luxemburg als radikale Demokratie. Das war auch der Inhalt<br />

der 10 Punkte des Kommunistischen Manifests 1848! <strong>Die</strong> im Verlauf des Jahres<br />

<strong>1918</strong> überall <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> unter dem E<strong>in</strong>fluss der Revolution <strong>in</strong> Russland 1917<br />

spontan entstandenen Arbeiter- und Soldatenräte waren dafür die zutreffenden<br />

Organe – deshalb Rosa Luxemburgs Forderung „Alle Macht den Räten!“<br />

Wenn Scharrer schreibt, Rosa Luxemburgs „Abkehr von der demokratischen<br />

Republik“ (e<strong>in</strong>e „Abkehr“, die er postuliert, aber nicht nachweist, weil sie nicht<br />

nachzuweisen ist) habe „den grundsätzlichen Bruch mit der demokratisch-sozialistischen<br />

Arbeiterbewegung“ bedeutet, so verschweigt er, dass „die demokratischsozialistische<br />

Arbeiterbewegung“ – das war die sozialdemokratische Arbeiterbewegung<br />

– seit Marx und Engels 1848 für die soziale Republik, die soziale<br />

Demokratie gestritten hat, die mehr se<strong>in</strong> sollte als die bürgerlich-liberale Demokratie,<br />

nämlich e<strong>in</strong>e soziale (schließlich sozialistische) Demokratie. So auch Teile<br />

der sozialdemokratisch/sozialistisch orientierten Gewerkschaften, wie oben am<br />

Beispiel des Deutschen Holzarbeiterverbandes ausgeführt. In <strong>Deutschland</strong> stand<br />

dafür erklärtermaßen die SPD – und das noch <strong>in</strong> ihrem Berl<strong>in</strong>er Grundsatzprogramm<br />

von 1989, das bis 2006 gültig war.<br />

42 Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke, Bd.4, S. 363.<br />

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