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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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SILVIO REISINGER<br />

<strong>Die</strong> Revolution <strong>1918</strong>/19 <strong>in</strong> Leipzig<br />

1. November- und Dezembertage <strong>1918</strong> – e<strong>in</strong> ereignisgeschichtlicher Abriss 1<br />

Im Alltag Leipzigs deutete <strong>in</strong> den ersten Novembertagen zunächst wenig auf e<strong>in</strong>e<br />

bevorstehende Revolution h<strong>in</strong>. Selbst viele Mitglieder der „radikalen“ USPD 2 verharrten<br />

noch im Oktober be<strong>in</strong>ahe regungslos <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Abwartehaltung. <strong>Die</strong>s widersprach<br />

<strong>in</strong> merkwürdiger Weise den Befürchtungen amtlicher Stellen. Zu e<strong>in</strong>er<br />

Zeit – am 30. Oktober –, als der Leipziger Kreishauptmann für die nächsten Tage<br />

vor Aufständen warnte und für die Amtshauptmannschaften Schutz durch „zuverlässige<br />

Militärpersonen“ anforderte 3 und <strong>in</strong> der „Leipziger Volkszeitung“, dem Organ<br />

der USPD, darüber berichtet wurde, dass das XIX. Armeekorps für den Fall<br />

<strong>in</strong>nerer Unruhen Schusswaffene<strong>in</strong>satz angeordnet hatte, fiel es den führenden<br />

Funktionären der Leipziger Partei außerordentlich schwer, auch nur etwas ähnliches<br />

wie Begreifen der – ihrer Ansicht nach – „vorrevolutionären Lage“ bei ihren<br />

Anhängern zu befördern. „Es war e<strong>in</strong>e merkwürdige Lage. Es war ganz offensichtlich<br />

e<strong>in</strong>e vorrevolutionäre Situation – aber die Leute, die sie zu e<strong>in</strong>er revolutionären<br />

verwandeln sollten, mussten mühevoll zum Verständnis der Situation gebracht<br />

werden, während die Staatsgewalt selbst es begriffen hatte und deutlich zu<br />

resignieren begann.“ 4 Jedenfalls geht aus den Quellen hervor, dass von e<strong>in</strong>er Bewegung<br />

„breiter Volksmassen“ 5 <strong>in</strong> Leipzig bis zur Auslösung der Revolution<br />

durch revoltierende Soldaten kaum die Rede se<strong>in</strong> konnte. Immerh<strong>in</strong> sollen bereits<br />

1 Auf e<strong>in</strong>e Darstellung der Vorgeschichte der Revolution <strong>in</strong> Leipzig muss hier verzichtet werden. Verwiesen<br />

sei nur auf e<strong>in</strong>ige prägende neuere Forschungsarbeiten. Grundlegend für die Sozialdemokratie <strong>in</strong> Sachsen –<br />

Karsten Rudolph: <strong>Die</strong> sächsische Sozialdemokratie vom Kaiserreich zur Republik (1871-1923), Weimar/<br />

Köln/Wien 1995. Eher sozialgeschichtlich und speziell auf die Leipziger Entwicklung ausgerichtet - Michael<br />

Rudloff/Thomas Adam: Leipzig. Wiege der deutschen Sozialdemokratie, Berl<strong>in</strong> 1996. Jüngst erschien die ausgezeichnete<br />

Dissertation von Jesko Vogel: Der sozialdemokratische Parteibezirk Leipzig <strong>in</strong> der Weimarer Republik.<br />

Sachsens demokratische Tradition, Hamburg 2006.<br />

2 <strong>Die</strong> Leipziger Sozialdemokratie galt schon seit den Wahlrechtskämpfen der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts<br />

als radikaler im Vergleich zur sächsischen Partei im allgeme<strong>in</strong>en. Damals hatte sie wegen Benachteiligungen<br />

im neuen Landeswahlgesetz die Beteiligung an Wahlen grundsätzlich abgelehnt und damit e<strong>in</strong>en lang<br />

anhaltenden Streit gegen den eigenen Parteivorstand heraufbeschworen, der erst auf e<strong>in</strong>em Reichsparteitag der<br />

SPD gegen die Leipziger Richtung entschieden wurde.<br />

3 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig (SStAL), Amtshauptmannschaft Leipzig, Nr. 45, Bl.1.<br />

4 Curt Geyer: <strong>Die</strong> revolutionäre Illusion. Zur Geschichte des l<strong>in</strong>ken Flügels der USPD. Er<strong>in</strong>nerungen, Stuttgart<br />

1976, S. 68. Curt Geyer, Mitglied der SPD seit 1911, 1917 wegen Ablehnung des Burgfriedens Übertritt zur<br />

USPD, seitdem auch Redakteur der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ). In der Revolution Mitglied und ab Februar<br />

<strong>1919</strong> Vorsitzender des Leipziger Arbeiter- und Soldatenrates.<br />

5 So etwa Gerhard Puchta: Der Arbeiter- und Soldatenrat <strong>in</strong> Leipzig vom November bis vor dem 2. Rätekongreß<br />

Anfang April <strong>1919</strong>, <strong>in</strong>: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Leipzig (WZUL)VII, 1957/58,<br />

S. 363-384, hier: S. 363.<br />

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