Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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Führer des Alten Verbandes Otto Hue als Arbeitervertreter – und stellte die Implantierung<br />
von „Arbeiterausschüssen (Zechen- und Bergwerksräte)“ <strong>in</strong> Aussicht,<br />
deren Kompetenzen aber weit h<strong>in</strong>ter dem Essener Rätemodell zurückbleiben sollten.<br />
69 <strong>Die</strong> Nom<strong>in</strong>ierung e<strong>in</strong>es Unternehmervertreters zum Sozialisierungskommissar<br />
unterstreicht <strong>in</strong> aller Deutlichkeit, dass die Regierung ke<strong>in</strong> Interesse an der Sozialisierung<br />
hatte.<br />
Der Vorschlag rief bei den Arbeiter- und Soldatenräten des Ruhrgebiets großen<br />
Unmut hervor, so dass e<strong>in</strong>e Rätekonferenz am 6. Februar ultimativ an die Reichsregierung<br />
appellierte, die Neunerkommission bis zum 15. Februar anzuerkennen<br />
und das Rätesystem zu legalisieren. Als sich dann die politische Lage im Ruhrgebiet<br />
<strong>in</strong>folge der Absetzung des Münsteraner Soldatenrates zuzuspitzen drohte,<br />
zeigte sich die Regierung <strong>in</strong> Maßen kompromissbereit, erkannte die Neunerkommission<br />
vorläufig an und erklärte sich bereit, die – freilich mit ger<strong>in</strong>geren Rechten<br />
als von der Neunerkommission vorgesehenen – Betriebsräte zu sanktionieren.<br />
Doch noch bevor e<strong>in</strong>e auf den 18. Februar datierte Rätekonferenz über die Verhandlungen<br />
bef<strong>in</strong>den konnte, erg<strong>in</strong>g am 16. Februar der Streikaufruf der kommunistischen<br />
und syndikalistischen Mülheimer Arbeiter. Damit brach der von den<br />
Arbeitermassen improvisierte Konsens zwischen den regionalen Gliederungen der<br />
Arbeiterparteien <strong>in</strong> der Sozialisierungsfrage auf. 70 Auf der e<strong>in</strong>en Seite traten die<br />
örtlichen MSPD-Vertreter nicht zuletzt aus Loyalität gegenüber der sozialdemokratischen<br />
Reichsregierung aus der Neunerkommission aus und sprachen sich gegen<br />
den Generalstreik aus. Auf der anderen Seite erhielten die radikalen Kräfte,<br />
Syndikalisten und Kommunisten, erheblichen Auftrieb. Vielfach wurde die Sozialisierungsparole<br />
hier, wie Abelshauser betont, ohneh<strong>in</strong> als Vehikel für den Kampf<br />
gegen die Republik und das Weitertreiben der Revolution genutzt. 71 Doch die „Dynamik<br />
der Sozialisierungsbewegung, die auf der E<strong>in</strong>heit von Rätebewegung und<br />
Arbeiterparteien beruht hatte, war gebrochen“. 72<br />
Im März <strong>1919</strong> zog die Reichsregierung dann e<strong>in</strong>en vorläufigen Schlussstrich<br />
unter die Sozialisierungsdebatte: Mit e<strong>in</strong>em Sozialisierungs- und e<strong>in</strong>em Kohlenwirtschaftsgesetz<br />
vom 13. und vom 23. März goss sie das Modell der Geme<strong>in</strong>wirtschaft<br />
<strong>in</strong> Gesetzesform. Das Sozialisierungsgesetz räumte die Möglichkeit<br />
e<strong>in</strong>, Unternehmen, gerade „solche zur Gew<strong>in</strong>nung von Bodenschätzen und zur<br />
Ausnutzung von Naturkräften, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>wirtschaft zu überführen“. Das Kohlenwirtschaftsgesetz<br />
sanktionierte die Zusammenführung der Syndikate des Kohlenbergbaus<br />
und unterstellte das RWKS e<strong>in</strong>em Reichskohlenrat, der sich aus Arbeitnehmern,<br />
Unternehmern und Verbrauchern rekrutieren und wiederum dem Staat<br />
untergeordnet se<strong>in</strong> sollte. Damit blieben die Eigentumsverhältnisse im Ruhrkoh-<br />
69 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XXV-XXVII; Rürup, E<strong>in</strong>leitung, S. 26f.; W<strong>in</strong>kler, Revolution, S. 160, 166-<br />
168.<br />
70 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XXVII; W<strong>in</strong>kler, Revolution, S. 169f.<br />
71 Siehe Abelshauser, Umsturz, S. XXVI.<br />
72 Rürup, E<strong>in</strong>leitung, S. 28f.<br />
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