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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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halten der Frauen von ausschlaggebender Bedeutung für das zukünftige Geschick<br />

der jungen deutschen Republik se<strong>in</strong>.“ 44 Es waren nun die geschulten sozialdemokratischen<br />

Genoss<strong>in</strong>nen, die gefordert waren. Sie sollten gezielt auf das Wahlverhalten<br />

der Frauen e<strong>in</strong>wirken, es zugunsten der SPD bee<strong>in</strong>flussen. Im Rahmen dieser<br />

„Erziehung zur Demokratie“ war es taktisch erforderlich, gerade Frauen auf<br />

allgeme<strong>in</strong>en Versammlungen sprechen zu lassen und außerdem wieder besondere<br />

Frauenversammlungen und die nach 1908 aufgelösten Frauenabende wiedere<strong>in</strong>zurichten<br />

– nun hatte man ja die Frauen wieder so im Griff, dass spalterische Tendenzen<br />

nicht zu befürchten waren. E<strong>in</strong>e massive Agitation unter den Frauen musste<br />

wieder aufgebaut und koord<strong>in</strong>iert werden. <strong>Die</strong> aufklärende Agitation unter<br />

allen Frauen sei „jetzt die dr<strong>in</strong>gendste Aufgabe“, h<strong>in</strong>ter der „alles andere zurückstehen“<br />

müsse, denn diese würde darüber entscheiden, ob man die gebotene<br />

Chance richtig nutze; die Sozialdemokrat<strong>in</strong>nen sollten sich „nicht sagen lassen,<br />

daß die Republik <strong>in</strong> ihrer Weiterentwicklung zum Sozialismus durch die politische<br />

Rückständigkeit der Frauen gehemmt worden“ 45 sei.<br />

Marie Juchacz machte es den Frauen leicht zu erkennen, wem ihre Wahlstimme<br />

gehören müsse, denn die Sozialdemokratie habe <strong>in</strong> allen politischen, sozialpolitischen<br />

und kulturellen Fragen die Interessen der Frauen am besten gewahrt. Sie<br />

könne „den Frauen mit gutem Gewissen sagen: <strong>Die</strong> Vergangenheit der Partei ist <strong>in</strong><br />

jeder Beziehung makellos“, sie habe „von der ersten Kriegsstunde an ihren E<strong>in</strong>fluß<br />

zur Erreichung e<strong>in</strong>es baldigen gerechten Friedens e<strong>in</strong>gesetzt“ und „[i]n den<br />

vier Wochen, <strong>in</strong> denen Sozialdemokraten der damals noch bürgerlichen Regierung<br />

angehörten, [sei] alles geschehen, was möglich war, um der politischen Freiheit<br />

auch ohne Revolution zum Siege zu helfen“. 46 <strong>Die</strong> Beteiligung am Kriegse<strong>in</strong>tritt<br />

und am Fortwähren des Kriegs wurde übergangen.<br />

<strong>Die</strong> Beurteilung der Revolution durch „<strong>Die</strong> Gleichheit“ war sehr zwiespältig.<br />

<strong>Die</strong> Partei hatte auf Reformen gesetzt, auf e<strong>in</strong>e Revolution hatten die Parteiführer<br />

verzichten wollen. „Jedoch“, so die bittere Erkenntnis der Mehrheitssozialdemokrat<strong>in</strong>,<br />

„kamen alle Reformen zu spät; das Volk hatte die Geduld und den Glauben<br />

verloren, die Zeit zur gewaltsamen politischen Umwälzung war reif. Der Gedanke<br />

der Revolution fand begeisterte Köpfe und Herzen. <strong>Die</strong> Enttäuschungen über die<br />

schlechte politische Führung der Regierung und der herrschenden Klassen, die<br />

uns <strong>in</strong> den Krieg geführt hatten, sowie über die Niederlage, die Wut über die offensichtliche<br />

Täuschung des gesamten Volkes, die Leiden der vier Kriegsjahre<br />

hatten die gesamte Bevölkerung mit revolutionärem Empf<strong>in</strong>den angefüllt.“ 47 Dass<br />

die Enttäuschung auch die Burgfriedenpolitik der SPD betraf, erwähnte sie nicht,<br />

dafür aber die Verdienste der SPD-Regierungsvertreter, die täglich gegen e<strong>in</strong>e<br />

Menge von Vorurteilen, politische Dummheit und bösen Willen gekämpft und <strong>in</strong><br />

44 Marie Juchacz: An die Arbeit!, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 6.12.<strong>1918</strong>, S. 34.<br />

45 Ebenda.<br />

46 Marie Juchacz: <strong>Die</strong> Sozialdemokratie und die Frauen, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 3.1.<strong>1919</strong>, S. 51.<br />

47 Ebenda.<br />

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