Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland
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„jede andere Haltung [würde] die ungeheuerliche Gefahr e<strong>in</strong>er deutschen Niederlage,<br />
zunächst des E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gens fe<strong>in</strong>dlicher Heere <strong>in</strong> deutsches Gebiet, später der<br />
Unterb<strong>in</strong>dung und Lähmung des deutschen Wirtschaftslebens herbeiführen“. 18<br />
So war es ganz im S<strong>in</strong>ne der Redaktion der „Gleichheit“, dass die SPD im Oktober<br />
<strong>1918</strong> <strong>in</strong> die Regierung e<strong>in</strong>trat. <strong>Die</strong> Redaktion sah dar<strong>in</strong> die Voraussetzung<br />
dafür gegeben, „<strong>in</strong> unserem Innern für Ordnung zu sorgen und unser Deutsches<br />
Reich verfassungsrechtlich und <strong>in</strong>nenpolitisch so e<strong>in</strong>zurichten, daß es als e<strong>in</strong><br />
ebenbürtiger Teilnehmer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großen demokratischen Völkerbund der Zukunft<br />
gelten kann“. 19 Der Frieden wurde ersehnt, aber nicht jeder Frieden, sondern<br />
zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> Verständigungsfrieden. Nur so könne man beruhigt <strong>in</strong> die Zukunft<br />
schauen.<br />
Im Zusammenhang mit der angestrebten Aufnahme <strong>in</strong> den Völkerbund er<strong>in</strong>nerte<br />
sich „<strong>Die</strong> Gleichheit“ wieder der Pr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong>ternationaler Solidarität<br />
und sogar des <strong>in</strong>ternationalen Klassenkampfes. <strong>Die</strong> Voraussetzungen für die Teilnahme<br />
<strong>Deutschland</strong>s am <strong>in</strong>ternationalen Demokratiesierungsprozess wurde<br />
tatsächlich <strong>in</strong> der „Niederr<strong>in</strong>gung der junkerlich-militärischen Herrschaft <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> und <strong>in</strong> der Errichtung e<strong>in</strong>er demokratischen Regierung“ 20 gesehen,<br />
e<strong>in</strong>e Sichtweise, die beim bejubelten Kriegse<strong>in</strong>tritt 1914 nur <strong>in</strong> der von Zetk<strong>in</strong> geführten<br />
„Gleichheit“ nicht <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund gerückt worden war. Nunmehr er<strong>in</strong>nerte<br />
man sich <strong>in</strong> der „Gleichheit“ der Juchacz auch wieder der „sozialistischen<br />
Brüder […] <strong>in</strong> den fe<strong>in</strong>dlichen Ländern“ und hoffte, dass sie „ihre siegestrunkenen<br />
Regierungen zur Menschlichkeit und zur Ordnung zurück[…]rufen“ 21 würden.<br />
In der Beurteilung des Krieges, <strong>in</strong> Argumentation und Inhalten blieb „<strong>Die</strong><br />
Gleichheit“ aber h<strong>in</strong>- und hergerissen. Es gab lichte Momente wie z. B. die Stellungnahme<br />
der Redaktionsmitarbeiter<strong>in</strong> Klara Bohm-Schuch (1879-1936), „daß<br />
der Militarismus ke<strong>in</strong>e herrschende Gewalt für sich ist, sondern nur das Machtmittel<br />
der <strong>in</strong>ternational herrschenden Gewalt, des Kapitalismus, darstellt“, zu dessen<br />
„Bekämpfung […] die Arbeitermassen der ganzen Welt zusammenstehen“ 22<br />
sollten. Und es gab zugleich die angesichts der „S<strong>in</strong>nlosigkeit und Ruchlosigkeit<br />
dieses Mordens“ 23 seltsam anmutende Hoffnung, „[e]<strong>in</strong>e spätere Zeit [werde] auch<br />
trotz dieses trüben Ausgangs der kriegerischen Ereignisse für <strong>Deutschland</strong> die ungeheure<br />
Leistung des deutschen Volkes <strong>in</strong> diesem Kriege gerecht würdigen“ 24 . Es<br />
fiel der Redaktion sichtbar schwer e<strong>in</strong>zugestehen, dass jeder Krieg <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />
e<strong>in</strong>e Katastrophe und ke<strong>in</strong>e Bewährungsprobe für e<strong>in</strong> Volk ist.<br />
<strong>Die</strong> sozialistischen Gruppierungen, die im eigenen Land gegen den Krieg<br />
kämpften, betrachtete die „Gleichheit“ nicht als Verbündete, sondern als „Stören-<br />
18 In eigener Sache, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 8.6.1917, S. 118.<br />
19 Kritische Tage, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 11.10.<strong>1918</strong>, S. 2.<br />
20 Ebenda.<br />
21 Weihnachten im „Frieden“ , <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 20.12.<strong>1918</strong>, S. 41.<br />
22 Klara Bohm-Schuch, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 22.11.<strong>1918</strong>, S. 29.<br />
23 Ebenda.<br />
24 E<strong>in</strong> Ende und e<strong>in</strong> Anfang, <strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Gleichheit“ vom 25.10.<strong>1918</strong>, S. 9.<br />
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