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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Am 25. April <strong>1919</strong> beantwortete die Jenaer Arbeiterschaft den E<strong>in</strong>marsch von<br />

Regierungstruppen mit e<strong>in</strong>em Generalstreik. SPD, USPD und KPD bildeten e<strong>in</strong>en<br />

paritätisch zusammengesetzten Aktionsausschuss und e<strong>in</strong>igten sich auf e<strong>in</strong> Aktionsprogramm,<br />

<strong>in</strong> dem die Diktatur des Proletariats und die Entfernung der gegenwärtigen<br />

Regierung gefordert wurden. 85 <strong>Die</strong> Bezirkskonferenz der Arbeiterräte<br />

Thür<strong>in</strong>gens schloss sich dem Jenaer Aktionsprogramm vorbehaltlos an. 86 Für dessen<br />

Forderungen traten am 1. Mai <strong>1919</strong> sowohl <strong>in</strong> Jena als auch <strong>in</strong> Gera tausende<br />

Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter auf den bis dah<strong>in</strong> größten Maikundgebungen e<strong>in</strong>. Anfang<br />

Juni <strong>1919</strong> beschlossen die Arbeiterräte <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen aus Protest gegen die<br />

Ermordung des Führers der Münchener Räterepublik Eugen Lev<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>tägigen<br />

politischen Generalstreik. An diesem beteiligten sich <strong>in</strong> vielen thür<strong>in</strong>gischen<br />

Städten tausende Arbeiter<strong>in</strong>nen und Arbeiter. Im Zusammenhang mit dieser Aktion<br />

wurde auch hier die Bildung e<strong>in</strong>er neuen sozialistischen Regierung gefordert,<br />

aus der alle Personen ausgeschlossen bleiben sollten, die durch ihre Handlungen<br />

den Boden der Revolution verlassen hatten. 87<br />

Wie wenig die Radikalisierung von Teilen der thür<strong>in</strong>gischen Arbeiterbewegung<br />

mit e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>wendung zum re<strong>in</strong>en Rätesystem gleichzusetzen ist, zeigt die Entscheidung<br />

der Landeskonferenz der USPD <strong>in</strong> Gotha Ende April <strong>1919</strong>, bei den Beratungen<br />

über die Landesverfassung auf die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es re<strong>in</strong>en Rätesystems<br />

zu verzichten. 88 Obwohl die Gothaer USPD bereits Ende Januar <strong>1919</strong> ihre Delegierten<br />

zum bevorstehenden Parteitag beauftragt hatte, sich für e<strong>in</strong> solches Rätesystem<br />

auszusprechen und obwohl sie bei der Landtagswahl vom 23. Februar<br />

<strong>1919</strong> e<strong>in</strong>e absolute Mehrheit errungen hatte, lehnte die Landeskonferenz e<strong>in</strong>en<br />

diesbezüglichen Antrag ab. <strong>Die</strong>se Ablehnung war wesentlich von der E<strong>in</strong>sicht motiviert,<br />

dass sich die staatsrechtlichen Verhältnisse im Land Gotha nicht unabhängig<br />

vom Charakter der Weimarer Verfassung entwickeln könnten. 89 In dieser Richtung<br />

hatte auch die vom Arbeiterrat e<strong>in</strong>gesetzte Verfassungskommission<br />

argumentiert, die e<strong>in</strong>erseits die Entgegensetzung von Demokratie und Rätesystem<br />

ablehnte, da aus ihrer Sicht mit dem re<strong>in</strong>en Rätesystem das demokratische Mehrheitspr<strong>in</strong>zip<br />

zum Ausdruck kam. Andererseits hielt sie die Verwirklichung des Rätesystems<br />

als neue Staatsform nur <strong>in</strong>ternational für möglich und realistisch. 90 Der<br />

von ihr vorgelegte Verfassungsentwurf stellte den Versuch dar, parlamentarische<br />

und rätedemokratische Elemente mite<strong>in</strong>ander zu verb<strong>in</strong>den.<br />

85 Der Wortlaut des Aktionsprogramms und der Ereignishergang <strong>in</strong>: Schulz, Gegen Krieg, S. 176-180, sowie Institut<br />

für Marxismus-Len<strong>in</strong>ismus (Hrsg.): Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung,<br />

Reihe II, Bd. 3, Berl<strong>in</strong> 1958, S. 411.<br />

86 „<strong>Die</strong> am 8. Mai <strong>in</strong> Erfurt tagende Konferenz der Arbeiterräte Thür<strong>in</strong>gens schließt sich der von Jena und Gera<br />

ausgehenden Protest- und Generalstreiksbewegung gegen die Belegung thür<strong>in</strong>gischer Städte mit Reichswehrtruppen<br />

irgendwelcher Formation an. <strong>Die</strong> Belegung thür<strong>in</strong>gischer Städte mit diesen Truppen ist geeignet, die<br />

ruhige Weiterentwicklung der Revolution zu gefährden, der immer mehr um sich greifenden Gegenrevolution<br />

Vorschub zu leisten und somit die Gefahr e<strong>in</strong>es Bürgerkrieges heraufzubeschwören.“ Resolution der Bezirkskonferenz<br />

der Arbeiterräte Thür<strong>in</strong>gens vom 8.5.<strong>1919</strong>, zitiert nach Pöhland, <strong>Die</strong> Entwicklung der Arbeiterbewegung,<br />

S. 278.<br />

87 Siehe ebenda, S. 281/282.<br />

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