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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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vember zu legen. E<strong>in</strong>igen der Obleute aus den kle<strong>in</strong>eren Betrieben (sie vertraten<br />

48.000 Kollegen) waren aber Bedenken über die tatsächliche Revolutionsbereitschaft<br />

der Massen gekommen. Nach endlosen Debatten wurde morgens um 3 Uhr<br />

mit knapper Mehrheit (22:19) der geplante Aufstandsterm<strong>in</strong> auf den 11. November<br />

verschoben und e<strong>in</strong> von Ledebour verfasster Revolutionsaufruf verworfen. 74<br />

Während <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> die beiden wichtigsten Formationen der revolutionären L<strong>in</strong>ken<br />

– Spartakusgruppe und Revolutionäre Obleute – noch um den Revolutionsterm<strong>in</strong><br />

rangen, brach unabhängig von ihnen die Revolution <strong>in</strong> anderen Teilen des<br />

Reiches aus. Nur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> blieb es zunächst merkwürdig ruhig, die alten Autoritäten<br />

fühlten sich sogar stark genug, noch am 7. November e<strong>in</strong>e Versammlung<br />

zur Feier des Jahrestages Revolution <strong>in</strong> Russland zu sprengen. Starke Militärpräsenz<br />

prägte das Berl<strong>in</strong>er Straßenbild am folgenden Tag. 75<br />

H<strong>in</strong>ter den Kulissen drängten die Spartakus-Vertreter <strong>in</strong> den jetzt fast täglich<br />

stattf<strong>in</strong>denden Geheimsitzungen mit den Revolutionären Obleuten diese verzweifelt,<br />

den Aufstandsterm<strong>in</strong> vorzuverlegen. Liebknecht notierte: „Allen Forderungen<br />

auf Beschleunigung der Aktion wird seit dem 3. November von Däumig,<br />

Barth, Müller usw. stereotyp entgegnet: Jetzt sei alles auf den 11. November vorbereitet,<br />

es sei technisch unmöglich, die Revolution früher zu machen! Alle Proteste<br />

L.[iebknecht]s gegen diese grob-mechanische Auffassung prallten ab, bis die<br />

objektiven Verhältnisse die superklugen Revolutionsfabrikanten überrannten.“ 76<br />

Erst als sich die Revolution bereits im ganzen Reich ausgebreitet hatte, gaben<br />

die Obleute dem Drängen der Spartakisten nach. In e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Sitzung des<br />

Vollzugsausschusses der Obleute mit dem USPD-Vorstand im Fraktionszimmer<br />

der USPD im Reichstag, an der Meyer, nicht aber Liebknecht teilnahm, platzte am<br />

8. November die Nachricht, Däumig, e<strong>in</strong>er der Führer der Obleute, der die Aufstandspläne<br />

bei sich trug, sei verhaftet worden. Mit e<strong>in</strong>er umfassenden Verhaftungswelle<br />

war zu rechnen. Nun musste augenblicklich gehandelt werden. E<strong>in</strong>stimmig<br />

wurde beschlossen, die Berl<strong>in</strong>er Arbeiterschaft für den Morgen des 9.<br />

November zum Losschlagen aufzufordern. 77 Vom Vollzugsrat erschien e<strong>in</strong> kurzer<br />

Aufruf, der „die sozialistische Republik mit allen ihren Konsequenzen“ forderte,<br />

ohne allerd<strong>in</strong>gs die nächsten Schritte auf dem Weg dorth<strong>in</strong> oder die Ausgestaltung<br />

dieser Republik näher zu benennen. 78<br />

Noch am gleichen Tag erschien e<strong>in</strong> von Liebknecht und Meyer unterzeichneter<br />

Aufruf: „Arbeiter und Soldaten! Nun ist eure Stunde gekommen. Nun seid ihr<br />

74 Siehe Pieck, Er<strong>in</strong>nerungen, S. 417-419; Der Ledebour-Prozes. Gesamtdarstellung des Prozesses gegen Ledebour<br />

wegen Aufruhr etc. vor dem Geschworenengericht Berl<strong>in</strong>-Mitte vom 19. Mai bis 23. Juni <strong>1919</strong>, aufgrund<br />

des amtlichen Stenogramms bearbeitet und mit e<strong>in</strong>em Vorwort versehen von Georg Ledebour, Berl<strong>in</strong> <strong>1919</strong>, S.<br />

28-30 (künftig zitiert als: Der Ledebour-Prozess).<br />

75 Siehe Chris Harman: <strong>Die</strong> verlorene Revolution. <strong>Deutschland</strong> <strong>1918</strong>-1923, Frankfurt(M) 1998, S. 55.<br />

76 Zit. nach Hoffrogge, Müller.<br />

77 Siehe Der Ledebour-Prozess, S. 30. Dort wird auch die Teilnahme Meyers an dem Treffen erwähnt.<br />

78 Siehe Gerhard Engel/Bärbel Holtz/Ingo Materna: Groß-Berl<strong>in</strong>er Arbeiter- und Soldatenräte <strong>in</strong> der Revolution<br />

<strong>1918</strong>/19. Dokumente der Vollversammlungen und des Vollzugsrates. Vom Ausbruch der Revolution bis zum<br />

1. Reichsrätekongress, Berl<strong>in</strong> 1993, Dok. 3, S. 5f.<br />

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