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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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feststand, stand für die Pazifisten <strong>in</strong> und außerhalb der Sozialdemokratie das unmittelbar<br />

Machbare im Mittelpunkt des Interesses und nicht die Revolution.<br />

E<strong>in</strong>zig Rosa Luxemburg und W. I. Len<strong>in</strong> als die herausragenden Köpfe der sozialistischen<br />

L<strong>in</strong>ken stimmten trotz unterschiedlicher Akzentuierungen <strong>in</strong> ihren<br />

Imperialismustheorien grundsätzlich <strong>in</strong> der politischen Schlussfolgerung übere<strong>in</strong>.<br />

Beide wollten nicht abwarten, bis sich das Kapital über Kataklysmen zum übermächtigen<br />

globalisierten Ultraimperialismus entwickeln würde. Sie wollten die<br />

erwartete Kriegskrise revolutionär ausnutzen, um das se<strong>in</strong>em Wesen nach <strong>in</strong>ternationalistische<br />

Proletariat zum Gestalter des Produktionsprozesses zu machen. Es<br />

war die historische Chance, die die europäische L<strong>in</strong>ke verlockte, nach den Sternen<br />

zu greifen. Alle<strong>in</strong> aus diesem Grunde verwandte Len<strong>in</strong> während des 1. Weltkrieges<br />

alle Energie darauf, der Öffentlichkeit den Epochencharakter des Krieges begreiflich<br />

zu machen und sie vom E<strong>in</strong>fluss des pazifistischen Reformismus zu lösen.<br />

9 <strong>Die</strong> Friedenskonferenzen während des Krieges bewiesen den wachsenden<br />

E<strong>in</strong>fluss der L<strong>in</strong>ken. Sie machten aber e<strong>in</strong>mal mehr deutlich, dass die sozialistische<br />

L<strong>in</strong>ke die Sozialismusalternative ausschließlich aus dem abstrakten Zusammenhang<br />

Imperialismus = Krieg, Sozialismus = Frieden ableitete. Dennoch wurde<br />

die Polarisierung zwischen den reformsozialistischen Burgfriedenspolitikern und<br />

der Zimmerwalder L<strong>in</strong>ken nicht nur durch den starken pazifistischen Flügel <strong>in</strong>nerhalb<br />

der sozialistischen Arbeiterbewegung erschwert, sondern auch durch jene<br />

L<strong>in</strong>ke, die sich zugunsten ideologischer Pr<strong>in</strong>zipientreue nicht von diesem isolieren<br />

wollte. 10 Das Zaudern des pazifistischen Flügels, une<strong>in</strong>geschränkt für revolutionäre<br />

Aktionen zum Sturz der kapitalistischen Wirtschaftsordnung e<strong>in</strong>zutreten,<br />

war nicht se<strong>in</strong>er Inkonsequenz geschuldet, wie ihm seit dem Krieg und danach<br />

jahrzehntelang die kommunistische Geschichtsschreibung vorwarf, sondern den<br />

berechtigten Zweifeln, diese historische Möglichkeit realisieren zu können.<br />

<strong>Die</strong> Beendigung des Krieges im Gefolge der durch den Krieg ausgelösten Krise<br />

sollte gemäß der Stuttgarter Friedensresolution von 1907 auf e<strong>in</strong>e proletarische<br />

Revolution <strong>in</strong> England, Frankreich und <strong>Deutschland</strong> h<strong>in</strong>auslaufen. Denn hier waren<br />

die annähernden objektiven Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e solche Revolution gegeben.<br />

Der Resolutionsentwurf der Zimmerwalder L<strong>in</strong>ken benannte die antiimperialistische<br />

Alternative: „<strong>Die</strong> Überw<strong>in</strong>dung des Kapitalismus ist nur durch die<br />

Auflösung der Gegensätze möglich, die ihn erzeugt haben, das heißt durch die sozialistische<br />

Organisation des kapitalistischen Kulturkreises, wozu die objektiven<br />

Verhältnisse schon reif s<strong>in</strong>d.“ 11 Und im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e dauerhafte allgeme<strong>in</strong>e<br />

Friedensperspektive ergänzte die Resolution: „Gegenüber allen Illusionen , dass<br />

9 Siehe z. B. W. I. Len<strong>in</strong>: Unter fremder Flagge, <strong>in</strong> W. I. Len<strong>in</strong>, Werke (LW) Bd. 21, S. 123-146; Der Zusammenbruch<br />

der II. Internationale, S. 197-256; Sozialismus und Krieg, S. 295-341; Der Opportunismus und der<br />

Zusammenbruch der II. Internationale, S. 446-460.<br />

10 Siehe hierzu Eckhardt Müller: Clara Zetk<strong>in</strong> und die Internationale Frauenkonferenz im März 1915 <strong>in</strong> Bern, <strong>in</strong>:<br />

Ulla Plener (Hrsg.): Clara Zetk<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihrer Zeit. Neue Fakten, Erkenntnisse, Wertungen. Material des Kolloquiums<br />

anlässlich ihres 150. Geburtstages am 6. Juli 2007 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Berl<strong>in</strong> 2008, S. 69.<br />

11 Humbert-Droz, Der Krieg, S. 153.<br />

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