23.10.2012 Aufrufe

Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gesichts der sich aus ihrer Sicht überstürzenden Ereignisse diese lediglich zusammenfassen<br />

könnte, sich aber jeden Kommentars enthalten wollte. Doch schon wenige<br />

Tage später begann das Blatt mit massiver Kritik an den Entscheidungen der<br />

Räte.<br />

Aus dieser zweiten Kont<strong>in</strong>uitätsl<strong>in</strong>ie erklärt sich die Abwendung großer Teile<br />

des thür<strong>in</strong>gischen Bürgertums von der DDP im Verlauf des Jahres <strong>1919</strong>. Trotz<br />

friedlichen Verlaufs der Revolution und trotz der <strong>in</strong>sbesondere vom Bürgertum<br />

geforderten Wahlen zu e<strong>in</strong>er Nationalversammlung sowie den e<strong>in</strong>zelstaatlichen<br />

Landtagen traten dessen antiparlamentarische Tendenzen sehr schnell wieder hervor.<br />

In Sachsen-Me<strong>in</strong>igen, wo die Revolution sofort <strong>in</strong> bürgerlich-parlamentarischen<br />

Bahnen verlief, waren die Abgeordneten der monarchistisch ausgerichteten<br />

Bauern- und Bürgervere<strong>in</strong>igung nicht bereit, die Regeln des Parlamentarismus zu<br />

akzeptieren. Sie beharrten auf e<strong>in</strong>er Beteiligung an der Regierung, was die Mehrheit<br />

aus SPD, USPD und DDP ablehnte, worauf sich die Rechtspolitiker „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Art Fundamentalopposition“ 82 flüchteten und sich an der parlamentarischen Arbeit<br />

faktisch nicht mehr beteiligten.<br />

Viertens:<br />

Als Reaktion auf die <strong>in</strong>nenpolitische Gesamtentwicklung im Frühjahr <strong>1919</strong>, vor<br />

allem aber <strong>in</strong>folge der Unmittelbaren militärischen Angriffe der Gegenrevolution<br />

radikalisierten sich Teile der thür<strong>in</strong>gischen Arbeiterbewegung. Radikalisierung<br />

me<strong>in</strong>t <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>wendung zum re<strong>in</strong>en Rätesystem, zum<br />

„Bolschewismus“ bzw. zur KPD. Vielmehr gewann bei vielen Arbeitern im<br />

Angesicht der Regierungstruppen zunehmend die E<strong>in</strong>sicht Raum, dass sich die<br />

Gegenrevolution auf dem Vormarsch befand. Hieraus wurde geschlussfolgert,<br />

dass dieser Entwicklung mit Aktionen über die Parteigrenzen h<strong>in</strong>weg entschlossen<br />

entgegengetreten werden müsse. Dabei entwickelten die Arbeiter e<strong>in</strong>en kompromisslosen<br />

Antimilitarismus, der u. a. <strong>in</strong> den von e<strong>in</strong>igen sozialdemokratischen<br />

Landesregierungen ausgesprochenen Werbeverboten für die Freikorps 83 zum Ausdruck<br />

kam.<br />

Erfolgreich war dieser Radikalismus <strong>in</strong> den konkreten Abwehraktionen des<br />

Frühjahrs <strong>1919</strong>, <strong>in</strong> denen sowohl die Gothaer 84 als auch die Jenaer Arbeiterschaft<br />

jeweils den Abzug der Noske-Truppen erzwang bzw. die Belegung von Städten<br />

mit Regierungstruppen verh<strong>in</strong>derte.<br />

82 Norbert Moczarski: Der letzte Landtag von Sachsen-Me<strong>in</strong>igen und die ihm nachfolgende Gebietsvertretung<br />

<strong>in</strong> den Jahren <strong>1919</strong>-1923, <strong>in</strong>: <strong>Die</strong> vergessenen Parlamente, S. 102.<br />

83 So zum Beispiel <strong>in</strong> Sachsen-Weimar. Siehe hierzu Schulze, <strong>Die</strong> <strong>Novemberrevolution</strong> <strong>1918</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen,<br />

S. 165.<br />

84 „Der Arbeiterrat [<strong>in</strong> Gotha] konnte trotz Maerkers Aktion se<strong>in</strong>e Macht behaupten - dar<strong>in</strong> unterschied sich dieser<br />

Fall von allen anderen Besetzungen radikaler Städte.“ (Eberhard Kolb: Arbeiterräte <strong>in</strong> der <strong>Novemberrevolution</strong>,<br />

S. 291.)<br />

159

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!