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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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der Arbeiterschaft“ zum Ausdruck kam. Als sich schon nach kurzer Zeit zeigte,<br />

dass die vor allem für die Waffenproduktion arbeitenden Frauen und Männer <strong>in</strong><br />

der Unterschriftenaktion e<strong>in</strong>e Möglichkeit sahen, ihren Friedenswillen zu bekunden,<br />

wurde selbst diese mehr zur Besänftigung der Massen gedachte Initiative von<br />

den staatlichen Behörden verboten. In der sozialdemokratischen Kreisorganisation<br />

kam es zu immer mehr und stürmischer werdenden Protesten gegen den Prokriegskurs<br />

der Parteiführung, was schließlich im Frühjahr <strong>1918</strong> zur Abspaltung<br />

der USPD-Ortsgruppe führte.<br />

Führende Funktionäre waren dabei Emil Rauch, Redakteur der „Volkszeitung<br />

für die Oberlausitz“, und die Arbeiter Oskar Stürmer, Wilhelm Treibig, Karl<br />

Lange und Willibald Pech. Ihr E<strong>in</strong>fluss auf die Arbeiterschaft blieb jedoch ger<strong>in</strong>g,<br />

und die politisch-ideologischen Unstimmigkeiten unter ihnen erleichterten es den<br />

führenden Funktionären – so Edmund Fischer als Reichstagsabgeordneter, He<strong>in</strong>rich<br />

Schnettler als Kreisvorsitzender, Otto Burckholt als Vorsitzender der Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Ortskrankenkasse sowie Otto Schembor als Geschäftsführer der Konsumgenossenschaften<br />

der Amtshauptmannschaft Zittau – die opportunistische L<strong>in</strong>ie<br />

des Parteivorstandes der SPD auch vor und während der <strong>Novemberrevolution</strong> zu<br />

vertreten.<br />

<strong>Die</strong> revolutionäre Woge hatte auch das Zittauer Gebiet erfasst. Alle Versuche<br />

der oben genannten sozialdemokratischen Funktionäre, sie aufzuhalten und <strong>in</strong><br />

leicht plätschernde Wellen opportunistischer Reformen zu verwandeln, blieben<br />

nahezu erfolglos. Als die Nachricht von den revolutionären Kämpfen und vor allem<br />

vom Sturz des Kaisers <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und des sächsischen Königs <strong>in</strong> Dresden<br />

(„Macht euern Dreck alleene“) Zittau erreicht hatte, versammelten sich am 9. November<br />

<strong>1918</strong> spontan Tausende zum R<strong>in</strong>gen für e<strong>in</strong>e demokratische Republik bereite<br />

Menschen auf dem Markt und danach auf dem Bahnhof, weil dort e<strong>in</strong>e Delegation<br />

des Dresdner Revolutionären Arbeiter- und Soldatenrats mit Otto Rühle 1<br />

e<strong>in</strong>treffen sollte. Auch <strong>in</strong> Zittau hatte der Rätegedanke unter dem E<strong>in</strong>fluss der<br />

Revolution <strong>in</strong> Russland e<strong>in</strong>en großen Teil der werktätigen Massen ergriffen. Am<br />

9. November wurde von den Vertrauensleuten der größten Zittauer Betriebe e<strong>in</strong><br />

provisorischer Arbeiterrat gewählt, dessen Vorstand Otto Schembor als Vertreter<br />

der SPD, August Jochmann als Gewerkschaftsfunktionär und Oskar Stürmer von<br />

der USPD bildeten. Am gleichen Tag wählten die Soldaten der Zittauer Garnison<br />

– also die 102er – e<strong>in</strong>en Soldatenrat mit dem Gefreiten Strobach an der Spitze.<br />

An der von beiden Räten geme<strong>in</strong>sam am 10. November im „Hotel zur Sonne“ e<strong>in</strong>berufenen<br />

Versammlung nahmen etwa 200 Menschen teil, darunter Oberbürgermeister<br />

Dr. Wilhelm Külz. 2<br />

1 Otto Rühle, seit 1896 Mitglied der SPD, 1912-<strong>1918</strong> MdR, stimmte 1915/16 mit Karl Liebknecht gegen die<br />

Kriegskredite, war <strong>1918</strong> Führer der Dresdener L<strong>in</strong>ksradikalen, Vorsitzender des Arbeiter- und Soldaten-Rates<br />

von Groß-Dresden, <strong>1919</strong> KPD, 1920 wegen l<strong>in</strong>kssektiererischer Positionen ausgeschlossen.<br />

2 Wilhelm Külz hatte damals noch nicht jene politischen E<strong>in</strong>sichten, die es ihm nach 1945 ermöglichten, sich<br />

an der Spitze der Liberaldemokratischen Partei <strong>Deutschland</strong>s <strong>in</strong> der DDR für e<strong>in</strong>e demokratische Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>zusetzen. In Würdigung se<strong>in</strong>es Wirkens ist am Zittauer Rathaus e<strong>in</strong>e Gedenktafel angebracht.<br />

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