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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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<strong>in</strong>dem er den streikenden Beamten unter Androhung staatlicher Sanktionen die<br />

Beendigung des Gegenstreiks zur Pflicht machte. 46 Damit sicherte sich Schwarz<br />

für geraume Zeit die erbitterte Fe<strong>in</strong>dschaft aller bürgerlicher Parteien, was bis zu<br />

scharfen Polemiken und verletzenden persönlichen Angriffen <strong>in</strong> parlamentarischen<br />

Sitzungen führte. Schwarz gelang es schließlich, unter Zusage der verfassungsrechtlichen<br />

Anerkennung der Betriebsräte, die Streikleitung zu e<strong>in</strong>em Abbruch<br />

des Generalstreiks zu bewegen.<br />

Im Grunde genommen war der Streik e<strong>in</strong>e Niederlage für die USPD und den<br />

Arbeiter- und Soldatenrat, denn von den ursprünglichen Forderungen war so gut<br />

wie ke<strong>in</strong>e erfüllt worden, gleichzeitig hatte das Bürgertum an Selbstvertrauen gewonnen.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Zuspitzung der Situation schien nicht ausgeschlossen, da<br />

die Unzufriedenheit der radikalen Arbeiter mit dem Erreichten groß war, was auf<br />

den Streikversammlungen vom 8. März deutlich zum Ausdruck kam. 47 <strong>Die</strong> Frage,<br />

ob die USPD ihre Anhänger zügeln konnte, musste offener denn je ersche<strong>in</strong>en, zumal<br />

<strong>in</strong> der Partei selbst der Kampf zwischen dem vorsichtigeren Seger und den<br />

Anhängern Curt Geyers heftiger wurde.<br />

Seit Ende März lieferte der sächsische Militärbevollmächtigte bei der Weimarer<br />

Nationalversammlung Oberst Schulz regelmäßig neue bei ihm e<strong>in</strong>gegangene<br />

Warnungen und Horrormeldungen konservativer Leipziger Abgeordneter an die<br />

sächsische Regierung über angeblich geplante Geiselnahmen durch den Arbeiterrat,<br />

Störungen während der bevorstehenden Messe, die s<strong>in</strong>kende Kreditwürdigkeit<br />

der Stadt im Ausland bei Weiterbestehen des gegenwärtigen „Terrors der Geyer-<br />

Leute“ sowie ständig neue Forderungen nach Entsendung „zuverlässiger“ Truppen,<br />

die „Ruhe und Ordnung“ wiederherstellen sollten. 48 In den Augen führender<br />

Militärs war e<strong>in</strong> bewaffneter Schlag ohneh<strong>in</strong> längst überfällig: „Es wurde Zeit,<br />

dass gegen die Auflehnungen und Übergriffe des Arbeiter- und Soldatenrates und<br />

gegen die Hetzer der Volkszeitung, die den Kampf gegen die Regierung nur noch<br />

im Lästertone führte und z. B. den mehrheitssozialdemokratischen Kriegsm<strong>in</strong>ister<br />

e<strong>in</strong>en ‚größenwahns<strong>in</strong>nigen Schneider’ nannte, endlich wirksam e<strong>in</strong>geschritten<br />

wurde.“ 49 All dies blieb bei der USPD nicht unbemerkt und führte schon bald zu<br />

Warnungen vor e<strong>in</strong>em möglichen Truppene<strong>in</strong>marsch. 50<br />

Im sächsischen Landtag entlud sich die gespannte Atmosphäre <strong>in</strong> radikalen Reden<br />

von beiden Seiten des Hauses <strong>in</strong> den letzten Sitzungen vor den Parlamentsferien.<br />

Hermann Liebmann hatte am 8. April die wiederholten Angriffe der rechten<br />

Seite des Parlaments gegen die angeblichen „spartakistischen Umtriebe“ der Arbeiter-<br />

und Soldatenräte mit ungewöhnlicher Schärfe zurückgewiesen und <strong>in</strong> hit-<br />

46 Siehe SStAL, AH Leipzig, Nr. 1708, Bl.25b.<br />

47 Siehe Rudolph, <strong>Die</strong> sächsische Sozialdemokratie, S. 218. Immer öfter wurden Stimmen laut, die e<strong>in</strong>e Neuwahl<br />

des Rates verlangten, was zu diesem Zeitpunkt e<strong>in</strong>e weitere Radikalisierung wahrsche<strong>in</strong>lich gemacht<br />

hätte.<br />

48 Siehe HStAD, Sächsische Gesandtschaft, Nr. 375, Bl.144f.<br />

49 Zit. nach Georg Maercker, Vom Kaiserheer zur Reichswehr, Leipzig 1921, S. 239.<br />

50 So etwa <strong>in</strong> der LVZ vom 26.März <strong>1919</strong> („E<strong>in</strong>e Weiße Garde für Leipzig“).<br />

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