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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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chen Gerichte durch Revolutionstribunale, die Abschaffung der Todes- und Zuchthausstrafe<br />

für politische und militärische Vergehen, die Aufhebung des Hilfsdienstgesetzes<br />

und des Belagerungszustandes, Arbeiterkontrolle über die Lebensmittelverteilung,<br />

Nationalisierung des Groß- und Mittelgrundbesitzes, des<br />

Bankkapitals, der Bergwerke, der Hütten und jeglicher anderer Großbetriebe sowie<br />

die Annullierung der Kriegsanleihen von 1.000 Mark aufwärts. Charakteristisch<br />

war der Schluss des Aufrufs, der als Ziel die „kommunistische Republik“<br />

anvisierte, e<strong>in</strong>e Forderung, die es im Aufruf des Aktionsausschusses unter Henkes<br />

Führung nicht gab. Von Anfang an bestand bei den L<strong>in</strong>ksradikalen Skepsis gegenüber<br />

der revolutionären Entschiedenheit der Unabhängigen. Sie kannten zwar<br />

nicht den Bericht des preußischen Generalkonsulats an Ebert, aber sie waren sicher<br />

der gleichen Me<strong>in</strong>ung wie die Diplomaten, die aus Bremen nach Berl<strong>in</strong><br />

schrieben: „Henkes Forderungen schwanken je nach der Entwicklung... Je nach<br />

der Stimmung der Versammlungsmehrheit pflegt Henke se<strong>in</strong>e Forderungen zu<br />

modifizieren.“ 13<br />

Johann Knief trat <strong>in</strong> der Bremer Revolution am 18. November erstmalig selbst<br />

<strong>in</strong> Aktion. Überraschend erschien er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vom Arbeiter- und Soldatenrat e<strong>in</strong>berufenen<br />

öffentlichen Versammlung, auf der Henke referierte. Sofort erwies er<br />

sich als „ebenbürtiger Gegenspieler auf der L<strong>in</strong>ken“ 14 . In der Diskussion billigte<br />

er zwar Henkes Ausführungen, g<strong>in</strong>g aber zugleich über sie h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem er angesichts<br />

der von den Räten trotz formeller Absetzung des Senats und der Bürgerschaft<br />

am 14. November weiter geduldeten alten Staatsorgane die Eroberung der<br />

Staatsmacht als wichtigste Aufgabe der Revolution kennzeichnete. Er brachte drei<br />

Anträge e<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Versammlung beschloss die von ihm vorgetragene Sympathieerklärung<br />

für die Bolschewiki, mit der die sofortige Rückkehr der russischen Botschaft<br />

nach <strong>Deutschland</strong> gefordert wurde. Gleichfalls angenommen wurde Kniefs<br />

Resolution zur Rückgabe der „Bremer Bürger-Zeitung“, über welche die Rechtssozialisten<br />

geboten. Se<strong>in</strong>en dritten Antrag für die „völlige Entwaffnung des Bürgertums“<br />

und „die Bildung bewaffneter kommunistischer Garden aus den Reihen<br />

der klassenbewusstesten Schichten des Industrieproletariats“ überwies die Versammlung<br />

dem Soldatenrat, der freilich bis dah<strong>in</strong> weit weniger revolutionär aufgetreten<br />

war als der Arbeiterrat.<br />

Ähnliche Forderungen wie am 18. November erhob Knief <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Volksversammlung am 22. November. H<strong>in</strong>zu trat erstmalig das Verlangen nach<br />

„Entfernung aller nicht re<strong>in</strong> proletarischen Elemente“ aus den Revolutionsorganen,<br />

das sich vor allem gegen die rechtssozialdemokratischen Vertreter im Aktionsausschuss<br />

richtete. Se<strong>in</strong>e Forderung auf Rückgabe der „Bremer Bürger-Zeitung“<br />

an die Organisation der L<strong>in</strong>ksradikalen (das war bekanntlich der aus der<br />

SPD ausgeschlossene Sozialdemokratische Vere<strong>in</strong> Bremen) begründete Knief damit,<br />

dass nur die l<strong>in</strong>ksradikale Organisation „alle<strong>in</strong> die Klassen<strong>in</strong>teressen des re-<br />

13 BArch, R 1501, Nr. 1711, Bl. 261f.<br />

14 Peter Kuckuk, Bremen, S. 94.<br />

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