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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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Das katholische Episkopat, die evangelische Kirche, der Philologenverband,<br />

Lehrerverbände und die katholische Zentrum-Partei reagierten mit wütendem Protest<br />

und organisierten Widerstand. Schon am 19. November hatte sich der Vorsitzende<br />

der Fuldaer Bischofskonferenz, der Kölner Erzbischof Kard<strong>in</strong>al Hartmann,<br />

mit e<strong>in</strong>em Protestschreiben an die preußische Regierung gewandt. Namens der<br />

preußischen Bischöfe bezeichnete er die geplante Trennung von Staat und Kirche<br />

als e<strong>in</strong>en „flagranten Rechtsbruch“. „Denn 1. ist die gegenwärtige Regierung nur<br />

e<strong>in</strong>e vorläufige, die höchstens befugt ist, im Interesse der öffentlichen Ruhe und<br />

Ordnung die erforderlichen Anordnungen zu treffen – nicht aber kann sie als berechtigt<br />

angesehen werden, bestehende Gesetze aufzuheben. 2. Durch die geplante<br />

Trennung wird nicht nur e<strong>in</strong>e ganze Reihe geltender Gesetze, sondern auch die<br />

Verfassungsurkunde verletzt.“ 36 In Hirtenschreiben der bayrischen und preußischen<br />

Erzbischöfe und Bischöfe vom 17. bzw. 20. Dezember <strong>1918</strong>, die Ende des<br />

Monats von allen Kanzeln verlesen wurden, wurde der Religionserlass als gefährlich<br />

für die Sittlichkeit und die öffentliche Ordnung gebrandmarkt. <strong>Die</strong>se Hirtenbriefe<br />

dienten der Mobilisierung der katholischen Bevölkerung gegen die angekündigten<br />

Trennungsmaßnahmen. „Und merkt wohl auf,“ hieß es im<br />

Hirtenbrief der preußischen Erzbischöfe und Bischöfe, „geliebte Diözesanen, das<br />

Allerschlimmste ist dieses: aus den Schulen schw<strong>in</strong>det jegliche Religion. Lehrer<br />

und Lehrer<strong>in</strong>nen werden für ihr hohes Amt vorbereitet ohne Religion und Glaubensbekenntnis.<br />

Für das wichtigste Erziehungs- und Unterrichtsfach gibt es im<br />

Schulplan ke<strong>in</strong>en, gar ke<strong>in</strong>en Platz.“ 37 Im Rhe<strong>in</strong>land und Schlesien erhoben sich<br />

separatistische Forderungen nach Abtrennung vom Reich. 38<br />

Adolph Hoffmann wurde e<strong>in</strong>er gottentfremdeten Kulturpolitik bezichtigt, womit<br />

e<strong>in</strong>e Kulturkampfstimmung angeheizt wurde. Otto Dibelius, damals evangelischer<br />

Pfarrer <strong>in</strong> Schöneberg, hetzte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel: „E<strong>in</strong>e Regierung aber, die<br />

das Recht unseres Glaubens auf unserer K<strong>in</strong>der Leben antastet, darf sich nicht<br />

wundern, wenn wir die kirchlich Ges<strong>in</strong>nten zum Kampf aufrufen – solange der<br />

Religionserlass nicht zurückgezogen wird. E<strong>in</strong>st hat Rudolf Virchow das Wort<br />

vom ´Kulturkampf ´geprägt … Wir nehmen das Wort auf im neuen S<strong>in</strong>ne. Was<br />

man jetzt entfesselt hat, ist e<strong>in</strong> Kampf gegen die Grundlagen der christlich-deutschen<br />

Kultur. Wir treten e<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem Kampf als Kämpfer für dieses von den Vätern<br />

ererbte Gut. Wir erheben den alten Kreuzfahrerruf: ´Gott will es! Gott will<br />

es!´“ 39<br />

Obwohl die Verordnung auch von Konrad Haenisch mit gebilligt und gezeichnet<br />

worden war, hob dieser den Religionserlass Ende Dezember <strong>1918</strong> mit dem<br />

Argument e<strong>in</strong>es drohenden Kulturkampfes und der Gefahr separatistischer Ten-<br />

36 Huber/Huber, Staat und Kirche, S. 18.<br />

37 Ebenda, S. 28.<br />

38 Siehe <strong>Die</strong> Regierung der Volksbeauftragten <strong>1918</strong>/19, Düsseldorf 1969, Erster Teil, S. 132, Zweiter Teil, S. 58-<br />

65.<br />

39 Zitiert nach Ludwig Richter: Kirche und Schule <strong>in</strong> den Beratungen der Weimarer Nationalversammlung, Düsseldorf<br />

1996, S. 16.<br />

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