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Die Novemberrevolution 1918/1919 in Deutschland

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schafters am 5. November geschlossene sowjetische Telegrafenagentur ROSTA<br />

neu. Über diesen Vorgang schrieb er später: „Am 9. November g<strong>in</strong>g ich nachmittags,<br />

ehe ich die Redaktion der >Roten Fahne< […] übernahm, <strong>in</strong> das Polizeibüro<br />

<strong>in</strong> der Wilhelmstrasse, wo die Schlüssel zur Rosta aufbewahrt wurden. Ich entfernte<br />

die noch vorhandenen Polizeisiegel an den Türen der Rosta und begann sofort<br />

wieder die Übermittlung von Nachrichten an die Presse. E<strong>in</strong>es der ersten Dokumente<br />

war der deutsch-japanische Geheimvertrag, den mir Joffe am Tage vor<br />

se<strong>in</strong>er Ausweisung zwecks Publikation übergeben hatte.“ 83 Währenddessen wurde<br />

unter der Leitung Hermann Dunckers der „Berl<strong>in</strong>er Lokal-Anzeiger“, e<strong>in</strong> zum Hugenberg-Konzern<br />

gehörendes, politisch weit rechts stehendes Blatt, von e<strong>in</strong>em<br />

Trupp revolutionärer Arbeiter und Soldaten besetzt. Duncker er<strong>in</strong>nerte sich: „Ich<br />

hatte von der Druckerei aus sofort mir telefonisch erreichbare Freunde aus der<br />

Spartakusleitung herbeigerufen. Dr. Ernst Meyer kam als erster und übernahm die<br />

Redaktion.“ 84<br />

Erstmals seit se<strong>in</strong>er Entlassung aus der Vorwärts-Redaktion konnte Meyer nun<br />

wieder legal <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beruf als Redakteur arbeiten. <strong>Die</strong> neue Zeitung erschien<br />

am Sonntag, dem 10. November, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Auflage von 15.000 Stück und wurde an<br />

alle Abonnenten des „Lokalanzeigers“, darunter verschiedene Frontgarnisonen,<br />

verschickt. 85 Sie machte auf mit e<strong>in</strong>em Aufruf des Vollzugsrates zur Wahl von Arbeiter-<br />

und Soldatenräten, die sich am kommenden Tag im Zirkus Busch zur Wahl<br />

e<strong>in</strong>er provisorischen Regierung versammeln sollten. Weiterh<strong>in</strong> brachte die Zeitung<br />

auf der Titelseite die Notiz, das der bisherige Lokal-Anzeiger „von uns erst<br />

<strong>in</strong> später Abendstunde übernommen wurde“ und daher die Zeitung e<strong>in</strong>e Reihe bereits<br />

gesetzter Artikel enthalte, die nicht die Me<strong>in</strong>ung der neuen Redaktion wiedergeben.<br />

Neben verschiedenen Meldungen f<strong>in</strong>det sich auch e<strong>in</strong> redaktioneller<br />

Beitrag auf der Titelseite, der die Ausrichtung der Spartakusgruppe unterstrich:<br />

„<strong>Die</strong>se Revolution muss nicht nur h<strong>in</strong>wegschwemmen alle Reste und Ru<strong>in</strong>en des<br />

Feudalismus, sie muss nicht nur brechen alle Zw<strong>in</strong>gburgen des Junkertums, […]<br />

ihre Losung heißt nicht nur Republik, sondern sozialistische Republik! […] Aus<br />

den Trümmern und dem Schutt des Weltkrieges muss das revolutionäre, siegreiche<br />

Proletariat die neue Wirtschaft errichten. Dazu bedarf es der politischen Macht<br />

und der wirtschaftlichen Kräfte. […] Arbeiter und Soldaten! Organisiert euch, befestigt<br />

eure Macht! Behaltet eure Waffen!“ Immer wieder warnte die Zeitung ihre<br />

Leser, sich nicht vorschnell des Sieges zu freuen, und rief sie auf, wachsam und<br />

misstrauisch zu se<strong>in</strong>: „Arbeiter, Soldaten, bleibt auf der Hut!“ 86 Weitere Artikel<br />

zählten die nächsten notwendigen Schritte zur Befestigung der Rätemacht auf und<br />

griffen die SPD scharf an: „Vier lange Jahre lang haben die Scheidemänner, die<br />

83 Ernst Meyer an die Zentrale der KPD, 1.8.25, <strong>in</strong>: SAPMO-BArch, RY 1/I 2/3/75, Bl.334f, hier Bl.335. Meyer<br />

behielt die Leitung der ROSTA bis zu ihrer endgültigen Schließung während des Januar-Aufstandes <strong>1919</strong>.<br />

Adolf Joffe war der Botschafter Sowjetrusslands <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

84 SAPMO-BArch, NY 4445/30, Bl.16.<br />

85 Siehe Annemarie Lange: Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Weimarer Republik, Berl<strong>in</strong> 1987, S. 18.<br />

86 Rote Fahne, Nr. 2, 10.11.18, S. 1.<br />

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