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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Prozesse richteten sich zuerst gegen Katharer und Waldenser, dann gegen Templer,<br />

Adelige und Kleriker (Chiffoleau 1990:289-324; Gilmour-Bryson 1996:151-183).<br />

Während im Früh- und Hochmittelalter <strong>die</strong> Verfolgung sexueller Sünden noch in<br />

den Händen der Kirche lag, <strong>die</strong> seit dem 13. Jahrhundert über <strong>die</strong> Inquisition und<br />

ein zentralistisch nach Rom orientiertes Gerichtssystem verfügte, wurden ab dem<br />

Spätmittelalter immer mehr weltliche Instanzen in der Verfolgung sexueller Sünden<br />

aktiv. Sodomie war fortan nicht nur Sünde, sondern wurde auch in territorialen<br />

und städtischen Ordnungen zum Straftatbestand.<br />

In den italienischen Stadtrepubliken Venedig und Florenz gab es im 14. und 15.<br />

Jahrhundert eigene Behörden zur Verfolgung sexueller Delikte. Ins Visier der weltlichen<br />

Obrigkeiten gerieten vor allem Prostitution und gleichgeschlechtliche<br />

Praktiken, <strong>die</strong> mit strengen Strafen bedroht und verfolgt wurden (Hergemöller<br />

1994; 1998a). Zahlreiche Stu<strong>die</strong>n zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen im<br />

Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit und einige wenige zur Verfolgung von<br />

sexuellen Praktiken zwischen Menschen und Tieren revi<strong>die</strong>ren mittlerweile <strong>die</strong><br />

von Gisela Bleibtreu-Ehrenberg 1970 geäußerte Behauptung: »Man kann geradezu<br />

sagen, dass Sodomie im 14. bis 16. Jahrhundert kaum mehr den Charakter eines<br />

selbständigen Deliktes besitzt, da so gut wie immer gleichzeitig mit der Sodomieanklage<br />

auch Hexerei imputiert wird« (Bleibtreu-Ehrenberg 1970:344). Sodomie<br />

war nicht nur eine von vielen Anschuldigungen in Hexereiprozessen, sondern<br />

wurde in der Frühen Neuzeit zu einem eigenständigen Delikt. Sodomie wurde zeitgleich<br />

mit und doch auch unabhängig von den großen Hexenverfolgungen zu<br />

einem strafrechtlich relevanten Tatbestand. Sodomie war im Zeitalter der<br />

Konfessionalisierung eine so schwerwiegende Sünde und Straftat, dass auch ohne<br />

den Verdacht der Häresie oder Zauberei der Tod durch das Feuer drohte.<br />

3.2.2. Sodomieprozesse in Wartenburg (1598-1622)<br />

Die Herrschaft Wartenburg war bis zum Verkauf an den Grafen Herberstorff im<br />

Jahr 1627 im Besitz der lutherischen Polheimer (OÖW 3/1958:393). Trotz gegenreformatorischer<br />

Maßnahmen, <strong>die</strong> unmittelbar nach der Niederschlagung des<br />

Bauernaufstandes von 1595 bis 1597 (Zauner 1971:521-537; Czerny 1890) eingesetzt<br />

hatten, gab es in Wartenburg bis 1624 lutherische Prädikanten. Vertriebene<br />

Protestanten aus der Lambacher Pfarre fanden in Wartenburg vorübergehend<br />

Zuflucht (Eder 1936:373). Im Südwesten des Landes ob der Enns gelegen, befanden<br />

sich innerhalb des Landgerichtsbereichs <strong>die</strong> Burgfriede von Schwanenstadt,<br />

Puchheim und Köppach. Ursprünglich hieß das Landgericht Schwans, benannt<br />

nach dem Ort (Schwanenstadt), an dem sich das Schrannenhaus 81 befand. Der<br />

Markt Schwanenstadt besaß seit 1467 innerhalb des Burgfrieds <strong>die</strong> Blutsgerichts-<br />

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