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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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soweith damit khomben ist, d[a]s er <strong>die</strong> Thatt mit der R[everen]do: Khue unfehlbahr<br />

consumiret, und vollzogen hette, wan ihme <strong>die</strong>selbe nicht zu hoch gewesen wäre«.<br />

Da nun aber andere von Dr. Seyringer wieder nicht näher benannte Rechtsgelehrte<br />

»d[a]s contrario behaubten, und expresse lehren, d[a]s d[er] conatus etiam<br />

in delictis atrocissimis effectu non subsequento <strong>die</strong> poena ordinaria keines weegs<br />

nach sich ziehe«, so wolle auch er »nicht gehrne zu solcher ordinari Straff einrathen«.<br />

Für <strong>die</strong> Verhängung einer außerordentlichen Strafe spreche erstens, dass<br />

sogar jene Rechtsgelehrten, <strong>die</strong> den Versuch zur Sodomie als Kapitalverbrechen<br />

einschätzen, der Meinung seien, dass in einem solchen Fall keine poena ordinaria<br />

verhängt werden könne. Zweitens sei es eine »allgemeine Rechts=lehr«, dass, wenn<br />

in Fällen, <strong>die</strong> Leib und Leben betreffen, unterschiedliche Meinungen vertreten würden,<br />

man »in sententia mitiorem incliniret«. Drittens sei vor allem zu beachten, der<br />

Inquisit »etwas dalkhet, und ainfältig« sei. Sein freiwilliges Geständnis sowie seine<br />

Reue und <strong>die</strong> daher zu erhoffende Besserung seien ebenfalls mildernd in Betracht<br />

zu ziehen. Nach Abwägung der Argumente schlug Dr. Seyringer vor, dass Simon<br />

Schwandtner »durch den Scharff Richter offentlich mit einen halben Schilling [15<br />

Rutenschläge], gezüchtiget, und dan des Herrschaft Weinberg[ischen]: Landtgerichts<br />

gegen aine geschwohrene Urphedt auf ewig verwisen werdten solle«. 302<br />

Den Prozess gegen Georg Doppelhammer, der im Herbst 1718 vom Landgericht<br />

Freistadt geführt worden war, habe ich bereits in groben Zügen geschildert. An <strong>die</strong>ser<br />

Stelle interessiert, wie der Rechtsgutachter Dr. Dionysius Adam Frideli den<br />

Freispruch vom Vorwurf des Sodomieversuchs argumentierte. Wie berichtet, hatten<br />

Georg Doppelhammer und Eva Doppelhammerin <strong>wider</strong>sprüchliche Aussagen gemacht.<br />

Eva Doppelhammerin hatte ausgesagt, dass sie »ihren mann, alß er auf d[a]ß<br />

hinter der Khue gestantene Stüehlerl steigen wollen, erdappet« habe, dass er aber<br />

»dazumahl noch nichts verschuldet, sondern nur allein daß abscheuliche Laster in<br />

Vornemen gehabt, wovon sye ihn mit scharffen worthen vermanet, und abgehalten<br />

hätte«. Georg Doppelhammer hatte zwar zugegeben, dass »er daß bey den ochsen<br />

ligende Stühlerl [...] zu der Kuh hinüber geworffen hätte«, jedoch eine sodomitische<br />

Intention bestritten. Aufgrund der <strong>wider</strong>sprüchlichen Aussagen und mangels ausreichender<br />

Indizien forderte Dr. Frideli unter Bezugnahme auf <strong>die</strong> Leopoldina und auf<br />

Benedict Carpzov weitere Einvernahmen. 303 Nachdem Georg Doppelhammer im<br />

zweiten Verhör durch das subtile Einflechten von Informationen aus der zuvor vorgenommenen<br />

ZeugInnenbefragung seiner Frau zu dem Geständnis gebracht worden<br />

war, dass er zwar sodomitische Praktiken inten<strong>die</strong>rt, aber nicht ausgeführt hatte,<br />

stimmten <strong>die</strong> Aussagen so weit überein, dass ein rechtliches Gutachten eingeholt<br />

werden konnte. Faktum sei, so klärte Dr. Frideli gleich in den ersten Sätzen des<br />

Pareres, dass Georg Doppelhammer keine Sodomie begangen habe. Es<br />

199

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