Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Hölbertschl[ag] Belangent«. 248 Aus <strong>die</strong>sen wenigen Worten lässt sich mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit schließen, dass Hans Schachner (vermutlich nach einer öffentlichen<br />
körperlichen Bestrafung) aus dem Landgerichtsbezirk verwiesen wurde.<br />
Dass Gerüchte über sodomitische Praktiken nicht in jedem Fall zu einer<br />
Verurteilung des Beschuldigten führen mussten, zeigt – neben Georg Doppelhammers<br />
Fall – auch das Beispiel Christoph Materis. Der im Juni 1756 bei einer<br />
Zunftversammlung des Perchtoldsdorfer Schmiedhandwerks geäußerte Verdacht,<br />
dass der Schmiedgeselle Christoph Materi vor etwa fünf Jahren, als er bei einem<br />
Schmiedmeister in Purkersdorf ge<strong>die</strong>nt hatte, eine Kuh sodomisierte, wurde vom<br />
Perchtoldsdorfer Landgericht, als unzureichend belegt bewertet. Christoph Materi<br />
wurde zwar vom Sodomieverdacht freigesprochen, hatte aufgrund des kursierenden<br />
Gerüchtes aber seinen Arbeitsplatz verloren. Ob ihm <strong>die</strong> vom Landgericht ausgestellte<br />
Ehrenurkunde, <strong>die</strong> den durch <strong>die</strong> Verleumdung beschädigten Ruf des<br />
Schmiedgesellen wiederherstellen sollte, tatsächlich von Nutzen war, ist fraglich.<br />
Sein Antrag auf Erhebung einer Zivilklage gegen <strong>die</strong> mutmaßliche Urheberin des<br />
Gerüchts wurde jedenfalls abgelehnt, eine Entschädigung für <strong>die</strong> mehrmonatige<br />
Untersuchungshaft blieb damit aus. 249<br />
Als Verleumdung wurde auch <strong>die</strong> Aussage des ehemaligen Zeller 250 Markt<strong>die</strong>ners<br />
Johannes Greineisen und seiner (namentlich nicht angeführten) Frau aus dem Jahr<br />
1721 bewertet. Sie gaben an, den Sohn des »Pichler Bauern« Johannes in Gsteinet<br />
(südöstlich von Kefermarkt) mit »der Kalben zu thuen« gesehen zu haben. Ihre<br />
Denunziation wurde vom Weinberger Pfleger vermutlich vor allem deshalb nicht<br />
ernst genommen, weil sich das genannte Ehepaar in der Gegend durch aggressives<br />
Betteln unbeliebt gemacht hatte. Die NachbarInnen des »Pichler Bauern« nahmen<br />
den gehörbehinderten Johannes Pichler in ihren Aussagen in Schutz. Das sozial<br />
unangepasste Auftreten des aus einer fremden Herrschaft stammenden, bettelnden<br />
Ehepaares untergrub <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit ihrer Aussage. Mit großer Sicherheit<br />
lässt sich sagen, dass Johannes Pichler nicht verhaftet wurde. Was mit dem bettelnden<br />
Ehepaar geschah, lässt sich aufgrund der lückenhaften Überlieferung allerdings<br />
nicht feststellen. 251<br />
Dörfliches Gerede zwang zur Handlung. Die sehr unterschiedlichen Prozesse<br />
gegen Georg Doppelhammer, Hans Schachner, Christoph Materi und Johannes<br />
Pichler belegen, dass der durch das »gemeine Geschrey« laut gewordene Sodomieverdacht<br />
einer gerichtlichen Klärung bedurfte. Wie der Freistädter Landgerichtsverwalter<br />
kritisch bemerkte, hatten es Georg Doppelhammer und seine Frau verabsäumt,<br />
gegen <strong>die</strong> im Dorf kursierende beleidigende Bezeichnung »Khue Jodl« zu<br />
klagen. Hans Schachner dagegen klagte wegen der gegen ihn geäußerten Verbalinjurien<br />
»Khiermimer« und »Schelm« sowie <strong>die</strong> gegen seine Frau geäußerte<br />
Beleidigung »Hur«. Der Erfolg war bescheiden: zwar kam ein gerichtlicher Aus-<br />
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