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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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siebten Titul: »Von verschidenen schwären fleischlichen Vermischungen, so sich<br />

zwischen Christen, Juden, Türcken, und anderen Unglaubigen; Item Todten-<br />

Cörperen, auch anderen Persohnen zutragen«. Sexuelle Handlungen zwischen<br />

Angehörigen unterschiedlicher religiös-kultureller Herkunft seien an sich sodomitisch,<br />

da Nicht-ChristInnen in den Augen der christlichen Rechtsgelehrten mit<br />

Tieren gleichzusetzen sind. Andererseits – und hier wird Frölichs Argumentation<br />

<strong>wider</strong>sprüchlich – seien <strong>die</strong>se Handlungen aber nicht »<strong>wider</strong>natürlich« und deshalb<br />

nicht wie Sodomie zu bestrafen.<br />

»Denen Sodomitischen Vermischungen wird nicht vngleich gehalten <strong>die</strong> fleischliche<br />

Unzucht, <strong>die</strong> ein Christ mit einer Jüdin, Türckin, und anderen unglaubigen Persohnen<br />

vollbringt, indeme dergleichen Persohn, wie ein Hund geschetzt, und also interpretativè<br />

<strong>die</strong> Unzucht mit einem Viech, gegen unseren Glauben zu sagen, getriben wird, <strong>die</strong>weilen<br />

aber dergleichen Vermischung der <strong>Natur</strong> nicht zu<strong>wider</strong> laufet, also kan selbe auch, als ein<br />

wahre Sodomiterey nicht gestrafft werden [...]« (Frölich 1696:265).<br />

Während Frölich sexuelle Praktiken zwischen Menschen unterschiedlicher religiös-kultureller<br />

Herkunft nicht als »wahre Sodomiterey« begreift, bringt er<br />

Leichenschändung (Frölich 1696:266) gar nicht mit Sodomie in Verbindung.<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts verfasste der niederösterreichische Jurist und Regierungsrat<br />

in Justizsachen Franz Joseph Bratsch einen wissenschaftlichen Kommentar<br />

zur Ferdinandea, in dem er Fallbeispiele, Zitate von bekannten Rechtsgelehrten<br />

sowie Resolutionen oder Novellen zu den einzelnen Artikeln der niederösterreichischen<br />

Landgerichtsordnung anführt. Der Ruhm, den er sich damit eingehandelt<br />

hat, dürfte sich in Grenzen gehalten haben, denn Franz Joseph Bratsch<br />

wird in keiner der einschlägigen Biographien des deutschen Sprachraums angeführt.<br />

Sein Werk erfuhr keine weiteren Auflagen und fand bislang kaum<br />

Beachtung.<br />

In einer »Vorrede an den geneigten Leser« erklärt Franz Joseph Bratsch, dass<br />

über <strong>die</strong> Ferdinandea bis zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt noch kein Handbuch erschienen sei,<br />

deshalb habe er<br />

»Anmerckungen von Articul zu Articul abgefasset, anbey auch aller Orten <strong>die</strong> Stellen,<br />

welche über <strong>die</strong> Ferdinandeische Land=Gerichts=Ordnung zu mehrerer, und ausführlichen<br />

Belehrung nachzuschlagen seynd, mühesam beygerucket, dann alle weiters hier<br />

Lands in denen peinlichen Sachen geschöpfte Hof=Resolutionen, Patenten, Generalien,<br />

und Novellen in behöriger Ordnung versammlet, und endlich nach dem Beyspiel des<br />

berühmten Benedicti Carpzovii einige Praejudicia [...] mitangeführet« (Bratsch<br />

1751:o.A.)<br />

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