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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Thomas Winkelbauer kürzlich herausgegebenen Sammelband (Scheutz/Winkelbauer<br />

2005). Andreas Zajic wies mich auf ein Prozessfragment auf dem späten 16.<br />

Jahrhundert hin, das sich im Niederösterreichischen Landesarchiv befindet. 18 Es<br />

handelt sich dabei um ein Gerichtsurteil von 1590, das in den Quellenüberblick<br />

mitaufgenommen wurde.<br />

Vergleichsweise einfach gestaltete sich <strong>die</strong> Suche nach gedruckten normativen<br />

Quellen in der Wiener Universitätsbibliothek und in der Österreichischen Nationalbibliothek.<br />

Neben den Landgerichtsordnungen für Österreich unter der Enns<br />

(1514, 1540 und 1656) und für Österreich ob der Enns (1559, 1627 und 1675)<br />

sowie der für alle deutschen Erbländer geltenden Constitutio Criminalis Theresiana<br />

(1768) interessierten mich vor allem zeitgenössische juristische Handbücher:<br />

Ausgewertet habe ich <strong>die</strong> Kommentare zur Carolina von Christoph Blumblacher<br />

(Blumblacher 1670) und von Johann Christoph Frölich von Frölichsburg (Frölich<br />

1696) sowie <strong>die</strong> wenig bekannten Erläuterungen zur Ferdinandea von Franz<br />

Joseph Bratsch (Bratsch 1751). Berücksichtigt wurden auch Einzelverordnungen<br />

(Patente, Mandate, Resolutionen), <strong>die</strong> zum Teil in den sechs Bänden des Codex<br />

Austriacus gesammelt wurden. Wichtige Hintergrundinformationen zur Struktur<br />

und Funktion von Landgerichten im frühneuzeitlichen Österreich lieferten mir –<br />

neben Stu<strong>die</strong>n zu sexueller Devianz aus den Bereichen Geschlechtergeschichte,<br />

Sexualitätsgeschichte und Kriminalitätsgeschichte – vor allem verwaltungsgeschichtliche<br />

Arbeiten. Zu letzten zählen <strong>die</strong> schon etwas älteren Stu<strong>die</strong>n von Julius<br />

Strnadt für Oberösterreich (Strnadt 1908, 1909, 1912) und Albert Starzer (Starzer<br />

1897) sowie der von Heinrich Kretschmayr herausgegebene Klassiker zur österreichischen<br />

Zentralverwaltung in der Theresianischen Zeit (Kretschmayr 1925-1938).<br />

Art und Umfang der erhalten gebliebenen Gerichtsprotokolle und Rechnungen<br />

unterscheiden sich von Fall zu Fall, tendenziell ist <strong>die</strong> Überlieferungssituation für<br />

den Raum Oberösterreich und für das 18. Jahrhundert am besten. Im Zeitraum von<br />

1581 bis 1780 fanden sich im Untersuchungsgebiet Österreich ob und unter der<br />

Enns Belege für insgesamt 53 gerichtliche Verfahren, in denen »<strong>wider</strong>natürliche<br />

<strong>Unkeusch</strong>heit«, sodomia oder bestialitas thematisiert wurde. 28 davon wurden im<br />

heutigen Oberösterreich geführt, 21 in Niederösterreich 19 und vier in Wien. Das<br />

quantitative Gefälle zwischen den Quellen des OÖLA, des NÖLA und des WStLA<br />

bzw. HHStA lässt sich vermutlich vor allem auf <strong>die</strong> bereits erwähnten regional verschiedenen<br />

Verluste und Vernichtungen von Quellenbeständen zurückführen.<br />

Was <strong>die</strong> gerichtshierarchische Provenienz der überlieferten Texte betrifft, so<br />

blieb ein einziger, in Neumarkt an der Ybbs geführter, Prozess aus der Mitte des<br />

17. Jahrhunderts auf der niedergerichtlichen Ebene. Er ist im Neumarkter Protokollbuch<br />

verzeichnet, das ausschließlich zivil- und niedergerichtliche Angelegenheiten<br />

enthält. Die Beschuldigung der Sodomie war in beleidigender Absicht geäu-<br />

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