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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Ein weiteres Indiz sei, dass Jacob Wadtsackh, wie er selbst ausgesagt habe, von<br />

seinem Vater erwischt und deshalb bestraft worden war. Was <strong>die</strong> immissio seminis<br />

betreffe, so habe der Inquisit <strong>die</strong>se selbst »bekhennet, d[a]s indem <strong>die</strong> Khue d[e]n<br />

Harn gelassen der Saamen <strong>wider</strong> heraus gerunnen, welche sub ipso actu intromissi<br />

seminis geschechen sein« müsse. Wozu noch komme, »d[a]s solches schon in<br />

der ganzen nachbarschafft ruchbar worden, und also ob scandalum publicum man<br />

den Delinquenten necessario einziechen müessen«.<br />

Die Indizien wären nicht bloß zur Verhaftung des Inquisiten ausreichend gewesen,<br />

sondern hätten auch zur Anordnung der Tortur ausgereicht, wie am Beispiel<br />

des am 5. September 1671 zur Enthauptung verurteilten Simon Oberrigler erläutert<br />

wird. Die Niederösterreichische Regierung habe »ohn einiches Indicium d[e]n<br />

Simon Oberrigler von Schattenfeldt auf blosse freywillige bekhandtnus /: indeme<br />

umb solches delictum niemandt, ausser Gott, der Beichtvatter, und Er gewust [...]<br />

:/ mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hinzurichten« verurteilt. 300 Zwar formulierte<br />

der Bericht hauptsächlich Gründe, weshalb <strong>die</strong> zweifache Sodomie des<br />

Inquisiten erwiesen sei und das unparteiische Geding eigentlich ein Urteil hätte fällen<br />

können, doch plä<strong>die</strong>rt der Verfasser im letzten Satz »in ansechen des Verhafften<br />

Jugent, Unverstandt, und berürung« doch für eine »extraordinari straff«. Die<br />

Aussagen Jacob Wadtsackhs flossen in den Bericht nur in indirekter Weise ein. Der<br />

Bericht greift vor allem auf <strong>die</strong> »nothwendige Erklärung« zurück, in der <strong>die</strong><br />

Schöffen argumentieren, weshalb sie kein Urteil über Jacob Wadtsackh fällen wollten.<br />

Im Unterschied zur Argumentation des unparteiischen Gedings bewertete der<br />

Landgerichtsverwalter (bzw. Dr. Gälich) <strong>die</strong> Aussage des Inquisiten, dass er vom<br />

Vater geschlagen und eingesperrt worden sei, allerdings nicht als mildernden<br />

Umstand, sondern als weiteres Indiz für <strong>die</strong> tatsächlich begangenen sodomitischen<br />

Praktiken. 301<br />

Im Prozess gegen Simon Schwandtner, der im Sommer 1711 wegen eines von<br />

seiner Schwägerin beobachteten Sodomieversuchs mit einer Kuh verhaftet und<br />

verhört worden war, konsultierte das Weinberger Landgericht den Linzer Juristen<br />

Dr. Johann Carl Seyringer. Dieser hielt es, wie er selbst einleitend schrieb, für<br />

»unnöthig«, Simon Schwandtners Aussagen im Rechtsgutachten »zu recapitulieren«.<br />

Stattdessen erörterte er <strong>die</strong> juristisch umstrittene Frage, ob der conatus<br />

(Versuch) im Falle von Sodomie genauso streng zu bestrafen sei, »Als wan dergleichen<br />

delicto würkhlich consumiret, und vollbracht worden« wäre. Verschiedene,<br />

nicht weiter genannte »Criminalisten und Rechts: Gelehrte« würden <strong>die</strong>se Ansicht<br />

vertreten. Für eine strenge Verurteilung spreche auch, dass der Inquisit<br />

»disen Conato sowohl vermög aigner bekhantnus, als auch seiner Schwägerin der<br />

Schwandtnerin aydlichen deposition nach zum and[er]ten mahl <strong>wider</strong>holt, und schon<br />

198

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