Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Dörffl, ohne <strong>die</strong> Hose ausgezogen zu haben, an der Kuh angehalten und seine Füße<br />
an der Wand abgestützt. Eine akrobatische Leistung für einen 75-Jährigen. Sophia<br />
Steinbergerin berichtete weiter:<br />
»Ja sie habe gar wohl gesehen d[a]s Er sein Männliches Gliedt hinein gethan, undt gutt<br />
gelangen können, wie Er sich dan starck beweget, undt <strong>die</strong> sach wie ein stier verrichtet<br />
habe; seye schier ein Viertel stundt Umbgegangen mit der Verrichtung«.<br />
Die Verhörenden fragten erstaunlicherweise nicht nach, warum sie nicht eingeschritten<br />
sei, sondern wollten wissen, ob sie, als sie um eine Mistgabel in den Stall<br />
gegangen sei, irgendwelche Spuren eines sodomitischen Akts an der Kuh oder im<br />
Stall entdecken konnte. Sie antwortete: »Ja <strong>die</strong> Khue habe sich ganz zusamben<br />
gebahnet, unndt an ihrem orth ein Saiffer gehabt, als wan sonst ein Khue stieret, auf<br />
der Erdt aber habe sie Nichts gesehen«. 157 Die Kuh habe demnach ausgesehen, als<br />
sei gerade ein Stier bei ihr gewesen. Nachdem der alte Dörffl bemerkt hatte, dass er<br />
beobachtet worden war, sei er »mit unter geschlagene[m] Gesicht aus dem Stahl<br />
gangen«. Sophia Steinbergerin, so erfahren wir weiter im Protokoll, habe von <strong>die</strong>ser<br />
Begebenheit aber nicht sofort dem jungen Dörffl, sondern zuerst seiner Frau,<br />
ihrer Dienstherrin, erzählt. Diese verständigte ihre Schwiegermutter, <strong>die</strong> Frau des<br />
alten Georg Dörffl, <strong>die</strong> zwar sehr erschrocken gewesen sei, ihren Mann aber gleich<br />
mit der Anschuldigung konfrontierte. Georg Dörffl habe seine Tat gar nicht abgestritten,<br />
sondern sei einfach davon gegangen. Das von der Dienstmagd beobachtete<br />
»<strong>wider</strong>natürliche« Verhalten Georg Dörffls war eine zu sensible Angelegenheit, als<br />
dass sie direkt dem Hausherrn berichtet worden wäre. Vor dem jungen Georg Dörffl<br />
blieb <strong>die</strong> Beobachtung der Magd gewiss nicht lange geheim, doch ist unklar, was<br />
ihn dazu bewog, <strong>die</strong>se gefährliche Information Monate später – laut der Aussage<br />
von Sophia Steinbergerin hatte sie den alten Dörffl im Herbst des Vorjahres, also<br />
mehrere Monate vor seiner Verhaftung, beim sodomitischen Akt mit der Kuh beobachtet<br />
– nach außen zu tragen. War es tatsächlich <strong>die</strong> Angst um Haus und Hof?<br />
Um das Geständnis von Georg Dörffl und <strong>die</strong> Aussage von Sophia Steinbergerin<br />
zu bestätigen, wurde noch am Tag ihrer Einvernahme eine »Vorstellung oder<br />
Confrontation« veranlasst. Mit <strong>die</strong>ser wollte das Gericht den Inquisiten in Gegenwart<br />
der Zeugin zu einer Bestätigung seiner Tat bewegen, um sich des Corpus<br />
delicti zu versichern. Wie der Landgerichtsverwalter vermerkte, habe Georg Dörffl<br />
»auch solches obangezogener massen Vor <strong>die</strong> pure Wahrheit angenohmen undt<br />
sein bestialisch begangenes Laster aufs Neue Confirmirt«. 158 Drei Wochen später,<br />
am 25. Februar 1699, musste <strong>die</strong> Zeugin ihre Aussage zusätzlich noch mit einem<br />
Eid bekräftigen. Im Protokollbuch wird <strong>die</strong>ser Eid als beeindruckendes Ritual<br />
beschrieben:<br />
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