Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Georg Wegleuthner erwischt worden war: »P.S. Gesezt der Thäter khünde begnad<br />
und des lebens gewis werden, Ist weiter <strong>die</strong> frag, was mit der Schwein Reverendo<br />
(mit welcher Er zuthuen gehabt und noch verhanden ist) fürzunemben«. Die Frage<br />
erübrigte sich. Der Rechtsgelehrte Abraham Schwarz lehnte eine Begnadigung<br />
strikt ab. Er zweifelte an der Einmaligkeit der gestandenen Sodomie, mutmaßte,<br />
Georg Wegleuthner werde wohl schon mehrere »<strong>Unkeusch</strong>heiten« begangen<br />
haben. »Nun ist woll <strong>die</strong> vermuetung, er werde es nit so gleich iezo zum ersten<br />
mall angefangen, sonder dergleichen und andere Ukeuschhaiten zuvor merers<br />
getriben haben, weill er berait 40 Jahr alt, und nie malen beheurat gewest; aber wo<br />
er <strong>die</strong> tortur berait darüber außgestanden; Mueß man d[a]s übrige Gott und seinem<br />
Gericht befelhenn«. 115 Das Gericht sei verpflichtet, ein strenges Urteil zu fällen.<br />
Geschehe <strong>die</strong>s nicht, so würden verheerende Konsequenzen drohen:<br />
»[...] weill dises Lastern nit der gemainen, sonder höchsten Verbrechen aines ist, delictum<br />
atrocissimum, [...] Welches nit allain <strong>die</strong> Weltliche Rechten am leben zu straffen<br />
befolhen, [...] Sonder auch worden ist Gott von himmel selbsten mit außtruckhlichen<br />
worten, Exod[us] 22. und Levit[ikus] 20. da er außtruckhlich befilcht, daß dergleichen<br />
Soodomiten, mit sambt dem Viech, sollen verbrennt werden. Ja Gott hat selbst solche<br />
straff an denen zu Sodoma und Gomorra über diß laster exequirt, alß welches gar gehn<br />
himel schreyt, Genes[is] 19 und 37. und allerlay Landsverderbung, Theurunng,<br />
Pestillenz, Erdbiden und andere straffen, wo mans nit mit ernst straffet, über <strong>die</strong><br />
Inwohnner bringet. [...] So könne demnach kain Obrigkait, mit guetem gewissen, <strong>die</strong> leib:<br />
und lebens straff gegen dergleichen bekantliche Verbrechern in ein geringer und miltrer<br />
verändern. Dann wie hart und ernstlich Gott den König Saul gestrafft, daß er gnediger<br />
und milder gehen wöllen, als sein Gebott ihme befolhen, hat der traurige außgang<br />
geben«.<br />
Abraham Schwarz argumentierte hauptsächlich mit göttlichem Recht: er zitierte<br />
<strong>die</strong> Zerstörung der Städte Sodom und Gomorra aus den Büchern Mose und rief <strong>die</strong><br />
Geschichte des alttestamentarischen Königs Saul in Erinnerung. Saul hatte von<br />
Gott den Auftrag erhalten, das Volk der Amalekiter samt aller Tiere zu töten. Er<br />
gehorchte dem Befehl aber nicht ganz, denn er ließ den König und <strong>die</strong> besten Tiere<br />
am Leben, um sie feierlich seinem Herrn darzubringen. Gott zürnte über <strong>die</strong>se<br />
Eigenmächtigkeit und entzog Saul seine Königswürde wieder (1 Sam 15). Als<br />
weltliche Rechtsquellen führt Schwarz <strong>die</strong> Carolina und zwei Generalien<br />
Ferdinands I. von 1523 und 1540 an, welche <strong>die</strong> landesfürstliche Justizhoheit in<br />
Begnadigungsfällen zum Inhalt hatten. Weiters erwähnt er juristische Autoritäten<br />
wie Jost Damhouder (1507-1581), Julius Clarus (1525-1575) und Andreas<br />
Tiraquellus (ca. 1480-1558). Er schloss damit, dass »der bekhentliche Sodomit«<br />
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