Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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»Auf des bey der Landt Gerichts Herrschafft Wartenburg verhafften Abraham Pichlers<br />
gueth und Peyndlich darüber beharten bekhandtnus, wierdet durch das bestellte Khays<br />
Paanngericht in osterreich ob der Ennß sambd deme besezten rechts geding hirmit zu<br />
recht erkhendt Weillen sich in seiner Aussag lautter befunden das Ermelder Pichler nit<br />
allain clainre <strong>die</strong>bstall begangen, sonndern <strong>wider</strong> <strong>die</strong> Menschliche <strong>Natur</strong> R[everen]do mit<br />
ainem Mueter Pfärdt oder Stueden, drey khalben, zway Khüen, zwein Schafen und ainer<br />
henne zuegelassen, und <strong>die</strong> unzucht demnach ermelder Thätter solcher höchst Thättlicher<br />
verbrechen willen an der gewöndlichen Richtstatt auf dem Scheitterhauffen an ein Seylen<br />
geschnidt und nebd der noch verhandenen Khue Lebendig verprendt werde«. 111<br />
Die gestandenen Diebstähle und vor allem <strong>die</strong> sodomitischen Praktiken mit verschiedenen<br />
Tieren begründeten <strong>die</strong> Strenge des Urteils, <strong>die</strong> Verbrennung bei lebendigem<br />
Leibe. Der aus Linz angereiste Scharfrichter erhielt jedoch andere Instruktionen.<br />
Der Landgerichtsherr Friedrich von Polheim hatte beschlossen, <strong>die</strong> Strafe<br />
dahingehend zu verändern, dass »der Arme Sünder auf ain Laitter gepundten und<br />
mit ain Pulversack an halß henckhendt« verbrannt werden sollte. 112 Mehr als zwei<br />
Wochen nach der Hinrichtung Abraham Pichlers fragte der Orther Landgerichtsverwalter<br />
bei Wolf Nidermaier an, ob der Verurteilte bis zum Schluss dabei geblieben<br />
sei, dass er seine Stieftochter mit Gewalt zum Inzest gezwungen habe. Wolf<br />
Nidermaier bejahte <strong>die</strong>se Anfrage. Ein Prozess wegen Inzests gegen Magdalena<br />
Pichlerin, dürfte damit hinfällig geworden sein. Die bis zu seinem Tod beharrliche<br />
Aussage ihres Stiefvaters dürfte sie für das Gericht zum glaubwürdigen Opfer sexueller<br />
Gewalt gemacht und von jeglicher Schuldzuweisung freigesprochen haben.<br />
Acht Jahre waren seit Abraham Pichlers Hinrichtung verstrichen, als Friedrich<br />
von Polheim am 24. Oktober 1612 ein Schreiben an den Rechtsgelehrten Dr.<br />
Abraham Schwarz richtete. 113 Der Landgerichtsherr zeigte sich besorgt um das<br />
Schicksal des 40-jährigen Georg Wegleuthner.<br />
»Ich hab alhir eine gefangene Manns Person bey 40 oder mer Jar alt, <strong>die</strong> nie khain Weib<br />
gehabt, welche laider, d[a]s Sodamitische Werckh <strong>wider</strong> <strong>die</strong> <strong>Natur</strong>, Reverendo mit einer<br />
Schwein, begangen, auch an wahrer Thatt, betretten worden ist. [...] über vielfeltiges güetig<br />
und peinliches fragen und Zuesprechen, will er sonst nichts, alls diß ainige factum<br />
bekhennen [...] So hatt man auch, Nachdem im hiesigen Refier seine Eltern gehabt, und<br />
under der Paursschafft von Jugend auf bekhandt, zuvor nichts unbilliches oder unErbares<br />
gehört noch gesehen. Ob nun zwar Khaiser Caroli Peinliche Halßgerichtsordnung, in dem<br />
116. Articel clerlich sagt, So ein Mensch Unkheuschaid Treibt, der hab das Leben verwürckht,<br />
und man soll Ime der gmainen gewonhait nach, mit dem feur vom Leben zum<br />
Todt richten [...] So sein doch Personen verhandten, <strong>die</strong> vermainen, weill der gefangene<br />
diß delictum Nur Einmall begangen, und über <strong>die</strong> außgestandtne Tortur merers nit<br />
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