Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Ansicht, dass <strong>die</strong> mehrfach verübte Sodomie an sich nicht so wichtig sei,<br />
macht etwas stutzig. Sie <strong>wider</strong>spricht den zeitgenössischen strafrechtlichen<br />
Bestimmungen. Möglicherweise dachte Wolf Nidermaier an den Kostenaufwand<br />
für eine Verbrennung. Der hohe Betrag, den das Landgericht für <strong>die</strong> Hinrichtung<br />
Hans Schembpergers im Jahr davor aufzubringen hatte, war ihm gewiss noch in<br />
Erinnerung. Es dauerte einige Tage, bis am 3. Dezember <strong>die</strong> schriftliche Antwort<br />
des Bannrichters einlangte. Hans Freywerger entschuldigte sich, dass er beim letzten<br />
Mal nicht schriftlich geantwortet habe, denn er sei damals sehr beschäftigt<br />
gewesen und habe wegen anderer Amtssachen verreisen müssen. 94 Der Bote habe<br />
ihn zudem missverstanden: er wolle zwar am Mittwoch, den 8. Dezember anreisen,<br />
aber erst am Freitag, den 10. Dezember den Rechtstag halten. Der Inquisit<br />
solle am Mittwoch ins Schrannenhaus gebracht werden, am Donnerstag, wie es<br />
gebräuchlich sei, einen Ruhetag einlegen und am Freitag vor das Schöffengericht<br />
gestellt werden. Da jedoch <strong>die</strong> Angelegenheit, wie er aus der ihm zugesandten gütigen<br />
und peinlichen »Bekhanndnuß« ersehen habe, kompliziert sei, wolle er »Mitt<br />
dreyen ex officio rechtserfahrenen Zum Urthl berathschlagen«, was einen finanziellen<br />
Mehraufwand von drei Dukaten bedeuten werde. Wolf Haager müsse<br />
sowohl wegen Diebstahl als auch wegen Bigamie und Sodomie verurteilt werden:<br />
»Nun khönnen ja zu gleich drey straffen an Ime nicht geschehen, sondern mueß hierinnen<br />
<strong>die</strong> merer verbrechen und delicta observiert werden, demwegen mag der herr das<br />
hochgericht bey Schwannß nach notturft versechen und darneben auf eine fürsorg ein<br />
Scheidterhauffen bei daß hochgericht daselbst füeren Lassen«.<br />
Das Urteil zeichnet sich schon in <strong>die</strong>sem Schreiben ab. Der Bannrichter ordnete<br />
an, dass sich <strong>die</strong> Herrschaft selbst, gemeint ist wohl der Landgerichtsinhaber bzw.<br />
sein Verwalter, um einen Scharfrichter kümmern solle. Am 4. Dezember ließ Wolf<br />
Nidermaier den Amtleuten der fünf Landgerichtsämter den Termin für den<br />
Rechtstag verkünden 95 und zugleich das Schrannenhaus vorbereiten. Der für das<br />
Schrannenhaus zuständige Joseph Khremser schrieb am 7. Dezember an den<br />
Landgerichtsverwalter, er wolle <strong>die</strong> untere Stube putzen lassen, wo man dann den<br />
armen Sünder einsperren und bewachen könne. Es gebe dort zwar keinen Ofen,<br />
weil aus Sparsamkeitsgründen nur <strong>die</strong> Öfen der oberen Räume repariert worden<br />
waren, doch es sei dort trotzdem wärmer als in den oberen Räumen. Für <strong>die</strong><br />
Rechtssprecher und den Bannrichter wolle er <strong>die</strong> große Stube ein wenig aufräumen<br />
und heizen lassen, obwohl er nicht mehr viel Holz zum Heizen habe. 96<br />
Am 10. Dezember tagte das Banngericht. Acht Männer aus umliegenden Orten<br />
waren als »Peysitzer« ausgesucht worden. 97 Das Urteil fiel so streng aus, wie es der<br />
Bannrichter im Schreiben vom 3. Dezember skizziert hatte:<br />
122