02.11.2013 Aufrufe

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bekhenndt, Ich müge Ime gegen Einer Urphed mit Verweisung meines Landgerichts,<br />

woll <strong>wider</strong> ledig lassen«. 114<br />

Georg Wegleuthner war bei sodomitischen Handlungen mit einem Schwein<br />

erwischt worden. Wir wissen nicht, ob er von jemanden denunziert worden war,<br />

oder ob ihn eine Amtsperson beobachtet und ein Verfahren ex officio in Gang<br />

gesetzt hatte. Aus dem Schreiben geht aber hervor, dass Georg Wegleuthner bereits<br />

verhört und gefoltert worden war, ohne weitere Straftaten zu »gestehen«, auch dass<br />

er einen guten Leumund hatte und »einige Personen« der Auffassung seien, dass er<br />

nicht hingerichtet werden solle. Eine <strong>die</strong>ser Personen könnte der Landgerichtsverwalter<br />

Wolf Nidermaier gewesen sein. Friedrich von Polheim hatte vermutlich<br />

noch <strong>die</strong> Hinrichtung von Abraham Pichler im Jahr 1604 vor Augen. Wahrscheinlich<br />

erinnerte Wolf Nidermaier seinen Landgerichtsherrn auch an <strong>die</strong> Exekutionen<br />

von Johann Pöldeneder im Jahr 1602, Wolf Haager 1599 und Hans Schempberger<br />

1598. Im Unterschied zu den genannten Inquisiten wurde Georg Wegleuthner ausschließlich<br />

der Sodomie angeschuldigt. Friedrich von Polheim bat deshalb den<br />

Rechtsgelehrten um Rat:<br />

»Nun sein dises sehr schwere und gewissenhafftige sachen, daher Ich verursacht werde,<br />

den herrn doctor als einen Rechtsgelehrten zu consuliern, und ist mein frag allain d[a]s,<br />

ob in Einem sölchen Casu, wo <strong>die</strong> laidige Sodomitische That <strong>wider</strong> <strong>die</strong> <strong>Natur</strong>, mit einem<br />

Viech Nicht öffter alls Ainmall beschechen, Ein Limitation und begnadung statt hat. Item<br />

wie und auf was weeg, dergleichen begnadung erzaigt werden khann, damit gleichwoll<br />

dem Gottlichen und Weltlichen Rechten nicht zu vill abPruch beschehe, noch Ich mir hirdurch<br />

eine schwere Verandworttung auflade, Ich wolte zwar neben dem Rechten, auch<br />

gern Barmherzigkhait mit underlauffen lassen, doch so weith es mir alls landgerichtsherrn,<br />

gegen Gott und der hohen Obrigkhait zuverantworten ist [...]«.<br />

Friedrich von Polheim fragte nach, ob er einen geständigen Sodomiten begnadigen<br />

dürfe, ohne damit gegen den Willen Gottes und das weltliche Strafrecht zu verstoßen.<br />

Die Vorsicht, <strong>die</strong> der Landgerichtsherr in <strong>die</strong>ser Frage an den Tag legte,<br />

hatte ihre Gründe. Gemäß der obderennsischen Landgerichtsordnung von 1559<br />

durfte ein Landgerichtsherr in Malefizangelegenheiten weder eigenmächtig ein<br />

Urteil fassen, noch eine verurteilte Person begnadigen. Der Landesfürst persönlich<br />

beanspruchte das Begnadigungsrecht für sich. Vorstellbar ist, dass seine eigenmächtige<br />

»Begnadigung« von Abraham Pichler acht Jahre zuvor ein Nachspiel<br />

hatte, jedenfalls suchte Friedrich von Polheim <strong>die</strong>ses Mal eine rechtliche Absicherung<br />

seines Vorhabens. Seiner Frage nach den Möglichkeiten einer Strafmilderung<br />

für den Beschuldigten setzte er eine Frage bezüglich des Schweines nach, mit dem<br />

129

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!