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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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darein kint, seye vill zu klein gewesen«. Auch <strong>die</strong> sexuelle Beziehung zu seiner<br />

Verwandten stellte er in <strong>die</strong>sem Verhör in ein anderes Licht, indem er ihr <strong>die</strong><br />

Initiative zuschrieb: »Bey den tag in der Cammer, sey Niemandts zu Hauß gewesen<br />

das Mensch hab ihm gesagt sie wollen <strong>die</strong> händl [Hände] brauchen, es schadt<br />

sovill nicht, wanß gar gfreundt [verwandt] sein, habs nit thuen wollen«. 142<br />

Nur elf Tage nach dem Verhör kam das rechtliche Gutachten aus Linz. Es ist vergleichsweise<br />

kurz gehalten, nennt als wichtigste Rechtsquelle <strong>die</strong> neue Landgerichtsordnung<br />

von 1675, verweist aber auch auf <strong>die</strong> Gesetzesauslegungen der<br />

Rechtsgelehrten Benedict Carpzov (1595-1666), Jacob Menochius (1532-1607) und<br />

Prosper Farinacius (1554-1618). Die Landgerichtsordnung besage zwar, dass ein<br />

Mann, der sich an einem unvernünftigen Tier »vergriffen« und <strong>die</strong> Tat vollbracht<br />

habe, gemeinsam mit dem Tier (sofern <strong>die</strong>ses noch am Leben sei) verbrannt werden<br />

solle. Da Michael Puchegger aber das »werckh mit den schaffen nicht vollbracht«<br />

habe, könne er nicht zu <strong>die</strong>ser poena ordinaria verurteilt werden. Dazu komme,<br />

dass er »nicht zusagen waiß, wan aigentlicher dises laster, oder mehrers conatum<br />

begangen habe«. Er glaube, dass es etwa sechs Jahre her sei, »alß er nemblichen<br />

noch khaum pubertatem attingirt«. In <strong>die</strong>sem Falle aber dürfe keine poena ordinaria<br />

verhängt werden. Der Rechtsgutachter führt das jugendliche Alter als entlastendes<br />

Argument an. Wegen des Inzests, »wan auch seine zuehalterin sich darzue bekhennet«,<br />

solle er »mit Ruethen außgestrichen und des Landgh[e]r[ich]ts ewig<br />

Verwisen werden«. Der Rechtsgutachter schlug daher vor, Michael Puchegger<br />

öffentlich durch 30 Rutenschläge zu züchtigen und danach des Landgerichts zu verweisen.<br />

143 Im Begleitbrief berichtete der Rechtsgutachter über <strong>die</strong> Ruhr, <strong>die</strong> zu <strong>die</strong>sem<br />

Zeitpunkt in Linz wütete, und auch, dass er das Gutachten in großer Eile<br />

geschrieben habe: »Es gehet <strong>die</strong> Ruehr alhir also starkh herumb d[as] fast khein<br />

hauß nicht ist, d[as] nicht 3. 4. und offtmallen mehr leuth daran ligen, auch unglaublich<br />

vill daran, und manchen tag über 3 persohnen sterben. Gott wolle unß erhalten«.<br />

Der Bote sei dennoch sofort losgeschickt worden. 144 Es dürfte allerdings einige<br />

Zeit gedauert haben, bis der Bote von Linz zurück nach Spital kam, denn<br />

Michael Puchegger wurde erst am 11. August »offentlich mit Ruethen einen ganzen<br />

schilling außgehauen, und sodan deß Spitällerischen Landg[eric]hts: auf Ewig verwißen«,<br />

wie der Urfehde zu entnehmen ist. 145 Über eine Verurteilung seiner »complicissa«<br />

Susana Wachterin ist nichts bekannt. Aufgrund der Aussagen ihres<br />

Verwandten ist es aber wahrscheinlich, dass sie zumindest vernommen wurde.<br />

Resümee<br />

Die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Verfahren und <strong>die</strong> Fragmentarität<br />

der überlieferten Quellen aus der geistlichen Herrschaft Spital am Pyhrn<br />

141

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