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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Topos auch in Sodomieprozessen vor, wurde von den Inquisiten als Verführer zur<br />

»<strong>wider</strong>natürlichen Sünde« genannt, doch ging der Sodomit im Unterschied zur<br />

Hexe oder zum Hexer im Akt der sexuellen Devianz kein expliziertes Bündnis mit<br />

dem Satan ein. Während <strong>die</strong> Anschuldigung der Sodomie reale Hintergründe haben<br />

konnte, war Zauberei ein fiktives Verbrechen. Dietegen Guggenbühl, der Zaubereiund<br />

Sodomieprozesse unter der Basler Jurisdiktion des 14. bis 18. Jahrhunderts<br />

untersucht, sieht in der zentralen Bedeutung des männlichen Samens eine<br />

Verbindung zwischen den beiden Delikten, indem der Samen im Akt der Sodomie<br />

vergeudet bzw. im Fall der Teufelsbuhlschaft von einem succubus geraubt, in<br />

jedem Falle aber »zweckentfremdet« werde (Guggenbühl 2002:36-42). Nicht<br />

erklären kann er damit, weshalb hauptsächlich Frauen als Hexen und hauptsächlich<br />

Männer als Sodomiten hingerichtet wurden. Es macht daher meines Erachtens<br />

Sinn, Sodomie in der Frühen Neuzeit als eigenständiges Delikt zu untersuchen.<br />

Auch <strong>die</strong> frühneuzeitlichen Strafrechtsordnungen, <strong>die</strong> Zauberei und Sodomie als<br />

deutlich unterscheidbare Delikte anführen, legen <strong>die</strong>s nahe. Ein quantitativer<br />

Vergleich der gerichtlichen Verfolgungspraxis spricht ebenfalls dafür: Im Zeitraum<br />

von 1595 bis 1789 wurden in Österreich ob und unter der Enns nach einer Stu<strong>die</strong><br />

von Johann Schleich 21 Prozesse geführt, in denen der Vorwurf der Zauberei im<br />

Mittelpunkt stand (Schleich 1999:60-166). Dem gegenüber stehen für den selben<br />

Zeitraum und das selbe Untersuchungsgebiet Quellen zu bislang 53 Sodomieprozessen,<br />

ungeachtet jener Prozesse, <strong>die</strong> in der Literatur genannt werden (Strnadt<br />

1909:153-231), deren Akten aber nicht mehr auffindbar sind, und auch abgesehen<br />

von jenen Quellen, <strong>die</strong> vielleicht noch unentdeckt in regionalen und lokalen<br />

Archiven schlummern.<br />

Um zu zeigen, dass <strong>die</strong> verfolgenden Instanzen klar zwischen dem Vorwurf der<br />

Sodomie und der Anschuldigung der Hexerei unterschieden, soll mir im Folgenden<br />

der von Julius Strnadt als Quellenanhang volltranskribierte Prozess gegen Johann<br />

Grillenberger <strong>die</strong>nen, der von September 1730 bis August 1731 im obderennsischen<br />

Landgericht Schwertberg stattfand (Strnadt 1909:161-193).<br />

Die Mutter, eine Nichte, eine Schwester und ein Bruder von Johann Grillenberger<br />

waren bereits wegen Zaubereiverdachts verhaftet und mehrfach verhört<br />

worden, als der Haftbefehl gegen den Dienstknecht an das Landgericht Riedegg<br />

erging. Eine aus den abgepressten »Geständnissen« der zum Teil »peinlich« verhörten<br />

Familienmitglieder zusammengestellte Auflistung der gegen Johann<br />

Grillenberger vorliegenden Indizien vom 12. September 1730 erwähnt <strong>die</strong> »Einheilung«<br />

einer Hostie (Aufschlitzen der Haut und Hineinstecken einer Hostie), den<br />

Gebrauch einer Hexensalbe, das Ausspeien und Herumtanzen auf einer Hostie, <strong>die</strong><br />

Abgabe von drei Tropfen Blut an den Teufel, <strong>die</strong> Änderung des christlichen<br />

Namens in einen »Teufels Namen« und schließlich, als weiteren Teil des Paktes,<br />

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