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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Pulver=Sack zeigen, solches aber von dem Land=Gericht in aller still veranstaltet, anbey<br />

auch der Inquisit zu mehreren Abscheu <strong>die</strong>ses eine zeithero sehr frequent gewordenen<br />

entsetzlichen Lasters in einem harenen Sack oder anderem von Regierung gut=befundenen<br />

Buß=Kleid, mit einem Strick umgürtet, zur Richt=Statt geführet [werden solle]«<br />

(Bratsch 1751:195).<br />

Das Publikum soll den Eindruck gewinnen, dass ein »gegen Gott und <strong>die</strong> weltliche<br />

Herrschaft gerichtetes Verbrechen« strengstens bestraft wird. Das angeordnete<br />

Tragen eines Bußgewandes verdeutlicht den engen Konnex zwischen weltlichen<br />

Strafen und kirchlichen Bußen. Das Verbrechen und <strong>die</strong> Sünde werden gleichermaßen<br />

gesühnt. Die Vorkehrungen zur Vermeidung eines langsamen, qualvollen<br />

Todes sollen »ohne männigliches Wissen«, »in aller still veranstaltet« werden. Um<br />

einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, soll der örtliche Freimann vom<br />

geübteren Scharfrichter, vermutlich jenem aus Wien, instruiert werden. Auch dem<br />

Verurteilten soll bis zuletzt verschwiegen werden, dass er gnadenhalber nicht<br />

lebendig dem Feuer ausgesetzt wird. Sollte er »zur Zeit der Inquisition« in<br />

»Kleinmüthigkeit verfallen«, so mögen »eifrige Seel=Sorger [ihn] mit geistlichen<br />

Trost versehen«, wie es in der Resolution weiter heißt.<br />

Fast zur selben Zeit wie der Ferdinandea-Kommentar von Franz Joseph Bratsch<br />

erschien das Theatrum jurisdictionis Austriacae von Franz Joseph Greneck<br />

(Greneck 1752). Der Autor erläutert vor allem prozessrechtliche Fragen, er erklärt<br />

verschiedene juristische Begriffe und <strong>die</strong> formale Struktur der Gerichtsinstanzen in<br />

den österreichischen Erbländern. Bei seiner Auseinandersetzung mit den Aufgaben<br />

eines Hochgerichts mit Blutbann diskutiert er <strong>die</strong> Frage, »ob unvernünftige Vieh<br />

und entselte Leiber demselben unterworfen« seien. Er verneint <strong>die</strong>s grundsätzlich,<br />

denn der Gegenstand des Hochgerichts sei der »vernünftige Mensch«. »[U]nvernünftige<br />

Thier« dürften deshalb nicht strafrechtlich verfolgt werden, »weil sie aus<br />

Mangel der Erkanntnuß ausser Stand seynd ein Verbrechen zu begehen«. Es gebe<br />

aber trotzdem Situationen, in denen ein Tier wegen seiner Tat oder Beteiligung an<br />

einer Tat getötet werden müsse:<br />

»Man kann doch sagen, das folgerisch und uneigentlich auch <strong>die</strong> Thier zum Augenmerck<br />

des Hochgerichts <strong>die</strong>nen, in so weit sie nemlich mit einem von dem Menschen begangenen<br />

Laster verwandet, oder zu einen so groben Verbrechen etwas beygetragen, daß dessen<br />

Gedächtnuß anderen zum Beyspiel müsse nothwendig vertilget werden« (Greneck<br />

1752:15).<br />

Diese Situationen werden mit Zitaten aus den Büchern Moses exemplifiziert. 43<br />

Wenn ein Tier einen Menschen tötet, solle es auch getötet werden. Ein Mensch, der<br />

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