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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Todesurteil gefällt. In derselben Zeitspanne wurden, so Strnadts Aufzeichnungen,<br />

zehn weitere Menschen wegen Zauberei, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Fornikation,<br />

Kindsmord und Viehzauber hingerichtet. 120 Zu fünf der sieben Sodomieprozesse<br />

sind noch gerichtliche Aufzeichnungen überliefert. Keine Akten fand ich zum<br />

Prozess gegen Martin Pfusterschmid im Jahr 1598, der wegen Diebstählen und<br />

Bestialität enthauptet und verbrannt worden war sowie zum Prozess gegen Hans<br />

Siberer, 1618 ebenfalls wegen Diebstählen und Sodomie enthauptet und verbrannt<br />

(Strnadt 1909:228; 231). Zwar wurden <strong>die</strong> Archivbestände des Kollegiatsstifts<br />

Spital am Pyhrn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch den Archivar<br />

Johann Adam Wolfgang Trauner geordnet, doch zerstörte ein Brand im Jahr 1841<br />

viele Archivalien und hatte zudem indirekt verlustreiche Folgen. Bei der Auslagerung<br />

der unverbrannten Schriftstücke gingen einige verloren, <strong>die</strong> übrigen wurden<br />

an öffentlich zugänglichen Orten gelagert und viele davon mit der Zeit zweckentfremdet<br />

(OÖLA:F14a). Deshalb sind auch <strong>die</strong> erhaltenen Sodomieprozesse nur<br />

fragmentarisch überliefert.<br />

Am 4. November 1594 befahl der Spitaler Hofrichter Antonius Soyer dem Windischgarstner<br />

Amtmann Wolf Khern, dass er <strong>die</strong> Landhuber des Gerichtsbezirks<br />

am folgenden Dienstag ins Stift bringen solle, um »ain Malefiz Person« zu bewachen<br />

und den Tag darauf vor <strong>die</strong> Schranne zu führen. 121 Die Aussagen des Beschuldigten<br />

Leonhard Finsterrigler sind schriftlich in zwei Protokollen überliefert:<br />

einerseits in einer »Bekhantnuß« und andererseits in einer »Urgicht«. 122 Während<br />

<strong>die</strong> »Bekhandtnuß« sauber geschrieben, aber unstrukturiert ist, trifft auf <strong>die</strong><br />

»Urgicht« genau das Gegenteil zu: sie ist inhaltlich strukturiert, zeigt aber durch<br />

viele Streichungen und Einfügungen ein chaotisches Schriftbild. Der entscheidende<br />

Unterschied zwischen den beiden Protokollen ist jedoch inhaltlicher Art: In der<br />

»Bekhandtnuß« findet sich kein Wort von sodomitischen Praktiken, in der Urgicht<br />

dagegen treten <strong>die</strong> angeblich von Leonhard Finsterrigler praktizierten sexuellen<br />

Sünden (Fornikation, Ehebruch und Sodomie) in den Vordergrund. Unter der<br />

Folter habe der Inquisit gestanden,<br />

»Das Er auß eingebung des laidigen Sathanß als Er noch bey seinen brudern ge<strong>die</strong>net,<br />

und ledigs standts gewesen mit ain schof frischling, Item mit ainer Khalben mer mit<br />

anderen dihren unterschiedlichen mallen <strong>die</strong> Sodomitische Viehische Unzucht begangen<br />

[habe]«.<br />

Als er als Knecht bei verschiedenen Bauern arbeitete, habe er »gleichfals mit<br />

ainer Gaiß bemelte vihische Unzucht volbracht. [...] ain Khue angangen. [...] auch<br />

mit ainer Gaiß Item mit ainer Khue Unzucht triben. [...] auch ain Khalben angangen«.<br />

Den Gipfelpunkt sodomitischer Sündhaftigkeit bilden aber Leonhard<br />

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