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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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artes Ehepaar für den Denunzierten und gegen <strong>die</strong> Denunzierenden ausgesagt<br />

hatte, in einem Schreiben an einen Amtskollegen von Johannes Pichlers Unschuld<br />

überzeugt:<br />

»Nun thuet sich nit allein dem inquisiten Unschuld sehr villen Umstendten am tag geben,<br />

sondern es befinden sich nebstdeme auch <strong>die</strong> beeden denuncianten nemblichen der<br />

Johannes Greineysen Markht<strong>die</strong>ner zu Zell und sein Weib unterschiedlichen Unthatten<br />

unterworffen, consequenter zu dergleichen Zeugenschafft undichtig«. 290<br />

Dieses Beispiel macht deutlich, dass <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit bzw. Unglaubwürdigkeit<br />

der ZeugInnen über den Verlauf eines Sodomieprozesses mitentscheiden<br />

konnte.<br />

3.6.2. Richter und Rechtsgutachter<br />

Bis zur Regierungszeit Ferdinands III. (1637-1657) war <strong>die</strong> Einholung eines<br />

Rechtsgutachtens in bestimmten Malefizangelegenheiten nicht vorgeschrieben.<br />

Dementsprechend selten finden sich juristische Ratschläge bzw. Gutachten zu<br />

Malefizprozessen vor der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In dem von mir<br />

untersuchten Quellenkorpus bildet der rechtliche Ratschlag, den der Freiherr von<br />

Polheim und Wartenburg 1612 beim Advocaten Dr. Abraham Schwarz einholte, <strong>die</strong><br />

einzige Ausnahme. Wie bereits erwähnt verpflichteten erst <strong>die</strong> Ferdinandea und<br />

<strong>die</strong> Leopoldina <strong>die</strong> Landgerichte, <strong>die</strong> Urteile bei bestimmten Delikten zur Bestätigung<br />

der Niederösterreichischen Regierung bzw. der Linzer Landeshauptmannschaft<br />

vorzulegen. Darüber hinaus mussten <strong>die</strong> Landgerichte im Falle besonders<br />

schwerwiegender Delikte wie Gotteslästerung, Zauberei, Giftmord, Mordbrennerei,<br />

Münz- und Siegelfälschung, Blutschande, Sodomie, Notzucht, Ehebruch<br />

und Bigamie <strong>die</strong> »rechtlichen Meinung« eines (oder mehrerer) Juristen einzuholen<br />

(Feigl 1964:218f). Dennoch wurden im Geltungszeitraum der Ferdinandea und der<br />

Leopoldina nicht zu allen Sodomieprozessen rechtliche Gutachten eingeholt. So<br />

wurde beispielsweise Paul Türckh 1680 in Scheibbs durch ein zwölfköpfiges<br />

unparteiisches Geding wegen Brandstiftung, Inzest und Sodomie zum Tode verurteilt.<br />

Die Urteilssprüche sind einzeln protokolliert, – elf der zwölf Männer des<br />

Gedings sprachen sich für <strong>die</strong> Enthauptung und Verbrennung des Inquisiten aus,<br />

einer plä<strong>die</strong>rte für <strong>die</strong> lebendige Verbrennung – als Gesamturteil wurde, der<br />

Mehrheit der Stimmen entsprechend, <strong>die</strong> Enthauptung und anschließende Verbrennung<br />

des Inquisiten beschlossen. 291 Die Niederösterreichische Regierung änderte<br />

das »mit rechtlicher Umbfrag geschepffte Urtl« dahingehend ab, dass Paul Türckh<br />

nicht enthauptet und dann verbrannt, sondern lebendig »Jedoch mit anhenckhung<br />

194

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